„Weser Kurier“-Artikel über das Festival in Cannes

In der heutigen Ausgabe des Weser Kuriers findet sich ein interessanter Artikel von Dieter Oßwald über das diesjährige Filmfestival in Cannes.

In Cannes erwischt die Krise jetzt auch die Traumfabrikanten
Von Dieter Oßwald

Cannes. „Rosé statt Champagner?“, fragen französische Medien im Vorfeld mit besorgtem Blick auf die kommenden 62. Internationalen Filmfestspiele von Cannes, die morgen mit dem 3D-Trickfilm „Oben“ eröffnet werden. Tatsächlich ist die Krise auch am Nabel der Glanz- und Glamour-Welt zu spüren. Zwar sind die 60 Yacht-Plätze am Hafen alle ausgebucht, und auch die Penthouse-Suite im noblen „Maritnez“ fand noch einen solventen Mieter, der sich den Luxus von 32 000 Euro pro Nacht im teuersten Hotelzimmer der Welt leistet. Doch die Sparmaßnahmen sind beim weltweit wichtigsten Branchentreffen der Traumfabrikanten, Cineasten und Medienhändler an jeder Ecke spürbar. Sponsor L’Oréal kürzt seine Werbeauftritte, selbst der offizielle Star-Friseur des Festivals reduziert sein Personal von 20 auf 15 Coiffeure.

Die fetten Jahren sind vorbei, heißt es diesmal auch bei den Deutschen: Die seit Jahren steigende Zahl der Journalisten ist erstmals gesunken, die längst legendäre Party von „German Films“, der Vermarktungsagentur des deutschen Kinos, kocht auf Sparflamme: Statt schicker Feier in protziger Villa in den Bergen nur noch ein kleiner Cocktail-Empfang ohne Buffet. Grund zum Feiern gibt es ohnehin kaum: Deutsche Filme sind beim Rennen um die „Goldene Palme“ nicht dabei – derweil sich der Gastgeber ganz unbescheiden gleich vierfach in den Wettbewerb einlud.

In den Nebenreihen sucht man deutsches Kino gleichfalls vergeblich. Wenn schon nicht kreativ, so ist man wenigstens als Geldgeber und Koproduzent gut dabei: Drei der „Palmen“-Favoriten hätte es ohne deutsche Subventionen kaum gegeben. Der Däne Lars von Trier, bereits zum achten Mal im Wettbewerb, freut sich über gut 1,2 Millionen Euro Fördergeld für sein radikales Beziehungsdrama „Antichrist“ – das er zum Dank ganz in Nordrhein-Westfalen drehte. Mehr als doppelt soviel Subventionen kassierte Michael Haneke für sein Schwarzweiß-Drama „Das weiße Band“ über die Entstehung des Faschismus, das der in München geborene Österreicher gleichfalls hierzulande drehte.

Veteranen-Status unter Palmen genießt ebenfalls Kultregisseur Quentin Tarantino, der sich über ein wahres Füllhorn von Fördermitteln freuen konnte. Für sein im Studio Babelsberg und der Umgebung von Berlin gedrehtes schräges Nazi-Drama „Inglorious Basterds“ bekam er gut 2,6 Millionen Euro Zuschuss aus der Staatskasse – dafür darf an der Seite von Brad Pitt ein halbes Dutzend deutscher Stars, von Til Schweiger über Daniel Brühl bis Christan Berkel auftreten.

Vor der Jury unter Vorsitz von Isabelle Huppert konkurriert ein Who-is-Who des renommierten Autorenkinos: Pedro Almodóvar, Jane Campion, Ang Lee, Ken Loach, Alain Resnais, Park Chan-Wook oder Ang Lee.

 Quelle: Weser Kurier

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