Die ersten Filme des 32. Internationale Filmfest Oldenburg sind angekündigt. Bald ist es schließlich auch soweit. Das Filmfest findet in diesem Jahr vom vom 10. bis 14. September statt- und das ist nur noch knapp drei Wochen hin!
Wie in den letzten Jahren auch immer, habe ich hier die Ankündigungstexte der Pressemeldung übernommen und diesen im Anschluss mit meinen eigenen Anmerkungen versehen.
Re-Creation, IRL/LUX 2025 Jim Sheridan und David Merriman (Deutsche Premiere)
Ein fiktives Juryzimmer wird zur Bühne für das Nachdenken über Wahrheit, Schuld und Erinnerung. In »Re-Creation« werfen der sechsfach Oscar-nominierte Jim Sheridan und David Merriman einen prüfenden Blick auf den Fall Ian Bailey – zwischen juristischer Präzision und menschlicher Ungewissheit. Vicky Krieps als widerspenstige Jurorin und ein Ensemble angeführt von John Connors laden die Debatte auf, wie es einst Henry Fonda in Lumets „Die 12 Geschworenen“ tat. – Jim Sheridan ist für seine Filme mit Daniel Day-Lewis bekannt, wie z.B. „Mein linker Fuß“. Der Mann hat also einiges an Erfahrung, die er mitbringt. Zuletzt war er mit Musikvideos und als Produzent unterwegs. Dieser Film scheint eins ehr persönlicher zu sein, denn er ist nicht nur Co-Regisseur, sondern auch Drehbuchautor, Produzent und spielt eine der Hauptrollen.
Crazy Love, IRL 2025, Kevin Treacy und Jason Byrne (Weltpremiere)
Das Spielfilmdebüt des preisgekrönten Theaterregisseurs Kevin Treacy und des Kameramanns Jason Byrne ist ein Liebesbrief an Außenseiter. John Connors spielt einen selbstmordgefährdeten Mann, der sich freiwillig in eine psychiatrische Klinik einweisen lässt und dort in eine schizophrene Patientin (Jade Jordan) verliebt, die diese nie wieder verlassen kann. Mit der Musik des legendären Komponisten Phil Keiran wird ihre ungewöhnliche Beziehung zu einem verzweifelt schönen Kampf um Liebe und Überleben an einem hoffnungslosen Ort.– Noch ein Regie-Duo. Klingt interessant. Wenn Theaterregisseure Filme machen, wird es ja oftmals Dialog-zentriert. Aber da hier auch ein Kameramann dabei ist, bin ich gespannt. Obwohl ich keine weiteren Arbeiten von Jason Byrne gefunden habe. Phil Keiran ist übrigens ein “Northern Irish DJ, electronic music producer, recording artist and remixer”. Der Film kommt erst einmal auf die Liste.
Horseshoe, IRL 2025, Edwin Mullane und Adam O’Keeffe (Internationale Premiere)
Vier Geschwister kehren nach dem Tod des Vaters auf das Familienanwesen zur Testamentseröffnung zurück – und treffen auf einen unerwarteten Gastgeber: Colms Geist. Dunkler Humor, zarte Momente, bittersüße Familientreue. »Horseshoe« ist wie ein Regenbogen über einem irischen Sturm: melancholisch, eigenwillig, unvergesslich. Der Film gewann Edwin Mulane und Adam O’Keeffe in Galway den Preis für den besten irischen Debütfilm. – Und Regie-Duo, die Dritte. Ist dies das Festival der Regie-Teams? Die Beschreibung des Films klingt schon einmal super und die IMDB-Bewertung geht durch die Decke. Werde ich auf jeden Fall versuchen zu schauen.
Good Boy, USA 2025, Ben Leonberg
»Good Boy« erzählt seine Geschichte aus der Sicht eines Hundes. Als sein Herrchen Todd in das ländliche Familienhaus seines Großvaters (gespielt von Genre-Ikone Larry Fessenden) zieht, spürt Indy dunkle, übernatürliche Kräfte, die seinen menschlichen Begleiter zu bedrohen scheinen. Nach seiner Weltpremiere beim South by Southwest Festival (wo er mit dem „Howl of Fame“-Award ausgezeichnet wurde) ist der Film bereits jetzt einer der meistdiskutierten Filme des Jahres 2025. – Ich glaube hier konsultiere ich vorher mal lieber die Seite doesthedogdie.com. Klingt gut. Wie eine Hunde-Version von „Katzenaugen“. Habe ich definitiv einen Blick drauf. Vor allem, weil mir gerade einfällt, dass ich schon Gutes über den Film auf andren Kanälen gehört habe.
Broken Voices, Tschechien 2025, Ondřej Provazník (Internationale Premiere)
In den frühen 90er Jahren zwischen neugewonnener Freiheit und den bedrückenden Restriktionen der alten Tschechoslowakei siedelt „Broken Voices“ seine Geschichte um die 13jährige Karolina an, die in einem streng geführten, renommierten Mädchenchor mit ihrem Talent die Aufmerksamkeit des Chorleiters und Eifersucht der anderen Mädchen erregt. Bei seiner Premiere in Karlovy Vary mit stehenden Ovationen gefeiert, gewann der Film eine besondere Erwähnung der Jury für Kateřina Falbrovás Darstellung der Karolina. – Tschechische Filme stehen bei mir fast immer hoch im Kurs. Von daher könnte der Film etwas für mich sein, auch wenn mich das Thema spontan nicht so anspricht. Anderseits – den möglicherweise thematisch verwandten „Whiplash“ fand ich ja großartig. Ich überlege noch.
Harakiri, I Miss You, Spanien 2025, Alejandro Castro Arias (Weltpremiere)
Drei Freunde, ein Tag, unzählige Emotionen. Zwischen Frust und Verlangen tastet sich der Film an die ungeschminkte Wahrheit von falsch verstandener Männlichkeit, Intimität und Freundschaft heran. Ein kluger und gnadenloser Blick auf das Verhalten, das uns formt. Alejandro Castro Arias‘ Debüt unterwandert alle Erwartungen an eine klassische Coming-of-Age Story um drei tragische Helden, denen jegliche soziale Kompetenz verloren gegangen ist. – Coming-of-Age und toxische Männlichkeit. Das weiß ich nicht, ob ich darauf Lust habe. Mal schauen.
Keep Quiet, USA 2025, Vincent Grashaw (Deutsche Premiere)
Lou Diamond Phillips liefert eine darstellerische Höchstleistung mit diesem Porträt eines von Schuld und Trauer geplagten Mannes, der versucht, vergangenes Unrecht wiedergutzumachen. Nach „Bang Bang“ im letzten Jahr bringt Vincent Grashaw seinen nächsten Film nach Oldenburg – erneut mit einem legendären Schauspieler in der Hauptrolle und einer eindringlichen Geschichte vom Rand der Gesellschaft. – Oha, Lou Diamond Philipps. Hätte ich auf dem Foto gar nicht erkannt. Von dem war ich in den 80ern und frühen 90ern Fan. Allein deshalb wandert der Film auf meine Liste. Aber auch die IMDB-Beschreibung „ A weathered tribal Cop and his new trainee must find a ruthless fugitive, whose return to their rural Indigenous reservation has exposed its darkest secrets and could ignite a violent gang war.” Klingt gut und auch hier sind die Bewertungen exorbitant hoch. Nick Stahl ist auch dabei und das ist ja auch kein Schlechter. „Bang Bang“ habe ich letztes Jahr verpasst, meine aber darüber Gutes gehört zu haben.
The Silent Sinner, FR 2025, Guillaume Campanacci (Weltpremiere)
In den dunklen Straßen Krakaus leben Scarlett und Rhett wie in ihrem eigenen Film – verbunden durch Liebe, Verbrechen und den gemeinsamen Traum von einem sonnigen Leben am Mittelmeer. Irgendwo zwischen Abel Ferraras „Ms.45“ und Godards »Le Mépris« und »Pierrot le Fou« zeichnet Campanaccis cineastisches Vaxierspiel die fragile Grenze zwischen Verlangen und Zerstörung nach. – Wenn in den Ankündigen Superschwergewichte als Referenz herangezogen werden, macht mich das ja immer skeptisch. Besonders, wenn die auf den ersten Blick nicht viel miteinander zu tun haben. Andererseits wächst dadurch auch eine gewisse Neugierde, da ich alle drei genannten Film sehr mag – und in Krakau war ich erst vor ein paar Wochen. Die IMDB-Beschreibung klingt ein wenig anders (und wie ich finde besser): „In a world without sound, a mute and deaf femme fatale and her lover embark on a twisted spree of seduction and murder across the dark streets of Krakow.”
Maysoon, GER 2025, Nancy Biniadaki (Weltpremiere)
Eine Beziehung zerbricht, ein Reisepass läuft ab und plötzlich steht alles auf dem Spiel. Maysoon lebt mit ihrem deutschen Partner und ihren beiden kleinen Kindern in Berlin und muss hilflos zusehen, wie ihr mühsam wiederaufgebautes, bürgerliches Leben zerfällt. Zwischen verlorener Liebe, bürokratischen Mauern und der Erinnerung an den Arabischen Frühling fängt Nancy Biniadaki eindrucksvoll Maysoons stillen Kampf ein. Sabrina Anali spielt die Hauptrolle in diesem ergreifenden Porträt einer Frau im Ausnahmezustand. – Ein wichtiges und aktuelles Thema. Aber ich weiß noch nicht, ob ich darauf auch wirklich Lust habe. Wird eine spontane Entscheidung. Würde ich nicht ausschließen.
Gunman, ARG 2025, Cris Tapia Marchiori (Deutsche Premiere)
Ein Ex-Auftragskiller, ein einfacher Job – und ein Echtzeit-Abstieg in Verrat, Überleben und Chaos. In einer einzigen, atemlosen Einstellung durch die Straßen von Buenos Aires getrieben, zieht »Gunman« mit jeder Sekunde tiefer in ein Viertel, das von Gewalt und Loyalität regiert wird. – Die IMDb weiß zusätzlich zu berichten: „Gatillero (Gunman) is a tense real-time thriller. A raw story of tragedy and redemption, told through a single continuous shot. Filmed in the real Isla Maciel, on the outskirts of Buenos Aires, Argentina.“ Klingt spannend. Erinnert mich an den dänischen „Shorta“, den ich 2020 in Oldenburg sah und der mich sehr beeindruckt hatte. Bin gespannt!
Summer Hit Machine, BEL 2025, Jérôme Vandewattyne
Tief in den belgischen Ardennen betritt die Boogie-Punk-Band Chevalier Surprise ein schickes Studio – beauftragt, Machiavellis Kult-Hymne „Fly“ zu covern. Ihre abgeschottete Elite-Session entwickelt sich zu einer irrwitzigen Kollision von Egos und Ambitionen. »Summer Hit Machine« liebt sein Chaos, lacht über die Musikindustrie und feiert die Absurditäten von Ruhm und Wahnsinn. Nach seinem preisgekrönten „The Belgium Wave“ liefert Jerôme Vandewattyne ein weiteres trickreiches Spiel mit Erwartungen und Konventionen und erweist sich als einer der sorglosesten Nonkonformisten des europäischen Kinos. – Ha, der sympathische Herr Vandewattyne ist ja quasi Stammgast in Oldenburg – und enttäuschte bisher nie. Im Gegenteil. Sowohl die Punk-Mockumentary „Spit ’n‘ Split“ als auch „The Belgium Waves“ zählten in den jeweiligen Jahren immer zu meinen Höhepunkten in Oldenburg. Ich freue mich sehr, dass auch sein dritter Spielfilm hier gezeigt wird. Klar, dass ich alles daran setzen werden, den Film irgendwie in meinen „Guck-Plan“ unterzubringen.
The Girl in the Snow, FRA 2025, Lousie Hémon
1899 trifft Aimée, eine junge konservative Lehrerin, in einem abgelegenen Bergdorf an der französisch-italienischen Grenze ein. Fest entschlossen, die obskuren Aberglauben des Dorfs herauszufordern, findet sie sich allmählich in das Dorfleben – bis eine Lawine die ersten der Bergmänner unter sich begräbt. »The Girl in the Snow« ist ein hypnotischer Mix aus magischem Realismus, Sinnlichkeit, Naturmystik und uralter Folklore. Hémons meisterhaftes Debüt wurde in Cannes uraufgeführt. – Okay, „ magischem Realismus, Sinnlichkeit, Naturmystik und uralter Folklore“. Damit hat man mich. Ich habe jetzt zwar Kritiken gelesen (der Film lief schon auf anderen Festivals), die klarmachen, dass das hier kein Folk-Horror ist, und man seine Erwartungen dahingehend korrigieren sollte. Aber gut hörten die sich trotzdem an.