Neue Veröffentlichungen aus dem 35-Millimeter-Verlag

Die neue 70MM ist da! Zum fünften Mal durfte ich diese Zeitschrift als Chefredakteur betreuen, und ich bin auch diesmal wieder durchaus zufrieden mit dem Ergebnis. Ich selber habe auch einen Artikel über die „Street Fighter“-Trilogie mit Sonny Chiba beigetragen.

Ferner erhältlich: Die neunte Sonderausgabe der 35MM zum Thema 3-D- Film (mit einem Text von mir zu „The Mad Magician“) und die reguläre Ausgabe 51 mit Schwerpunkt Western (hier schrieb ich über die Western von Jack Arnold).

Also sehr viel Lesestoff für die interessierten Filmfreunde.

Die 70 Millimeter #5 gibt es HIER für 4,80 zzgl. Versand.

Die 35 Millimeter Sonderausgabe #9 findet man HIER für € 7,20 zzgl. Versand.

Die 35 Millimeter #51 kann man HIER für € 7,20 zzgl. Versand beziehen.

Veröffentlicht unter Allgemein, Bücher | Verschlagwortet mit | Schreib einen Kommentar

Blu-ray-Rezension: “Der Schrei des gelben Adlers“

Chi Ming-Sing (Ti Lung) ist auf der Flucht. Erschöpft und halb verhungert wird er von einem Fremden (Alexander Fu Sheng) gefunden, der ihn wieder aufpäppelt. Statt Dankbarkeit zu zeigen, stiehlt im Chi Ming-Sing dem Fremden allerdings das Pferd und den Proviant. Bald schon aber hat der Fremde Chi wieder eingeholt. Just in diesem Moment erscheinen vier Männer, die Chi an den Kragen wollen. Gemeinsam können Chi und der Fremde diese erledigen. Langsam fasst Chi Vertrauen zu dem Fremden und erzählt ihm seine Geschichte. Er wuchs als Waisenkind auf und wurde zusammen mit zwölf anderen Kindern von dem brutalen Kung-Fu Meister Yoh Xi-Hung (Feng Ku) zu skrupellosen Killern und Räubern erzogen. Nun sorgen sie als die 13 Adler für Angst und Schrecken. Doch Chi hat dem allen nun den Rücken gekehrt und damit sein Todesurteil unterschrieben…

Chung Sun ist kein Regisseur, der einem sofort einfällt, wenn man an die Shaw Brothers Produktionen denkt. Sein bekanntester Film hier dürfte „Chun Fang – Das blutige Geheimnis“ aka „Human Lanterns“ von 1982 sein. Doch unter Experten verfügt Chung Sun über einen hervorragenden Ruf und sein „Der Schrei des gelben Adlers“ wird hoch gelobt. Zu Recht! Chung Suns Stil unterscheidet sich deutlich von den drei großen Regie-Stars der Shaw Brothers. Er hat weder das epische Blutvergießen eines Chang Cheh, noch die akrobatische Eleganz eines Liu Chia-Liang oder gar die geheimnisvolle, fantasiereiche Atmosphäre eines Chu Yuan.

Vor 10 Jahren schrieb ich über „Die Todeshand des gelben Adlers“, der ebenfalls von Chung Sun inszeniert wurde und damals in der zweiten Shaw-Brothers-Box von Koch Media erschien: „(Der Film) besticht vor allem durch seine originelle Kameraführung, die eher untypisch für eine Shaw Brothers-Produktion ist. Immer wieder wird der ungewöhnliche Winkel gesucht und die Kamera dynamisch eingesetzt. Durch die häufige Verwendung von Zeitlupen und eingefrorene Bilder glaubt man fast schon, dass hier John Woo in irgendeiner Form seine Finger mit im Spiel gehabt hätte.“ Exakt dies waren auch meine Gedanken, als ich nun „Der Schrei des gelben Adlers“ sah. Einmal mehr suchte ich in den Credits nach dem Namen John Woo und fand ihn nicht. Somit dürfte bewiesen sein, dass Chung Sun seinen ganz eigenen Stil entwickelt hat, der heute um einiges moderner wirkt, als die Film (natürlich auch großartigen) Film der genannten anderen Regisseure. Selbst vor dem Einsatz der Handkamera schreckt Chang Sun nicht zurück. Zudem wird vor allem in der Natur und weniger in den bekannten Kulissen der Shaw Brothers Studios gedreht, was dem Film ebenfalls zeitloser erscheinen lässt. Einmal nutzt Chang Sun die Enge eines realen Waldes, um zu zeigen, dass es sich mit einem Sam Jit Gwun (Dreistock) dort aufgrund der vielen Bäume schlecht kämpfen lässt. Und die Kampfszenen mag es an ballettähnlicher Eleganz fehlen, doch sie strahlen eine große Direktheit und Intensität aus.

Mit Ti Lung arbeitete Chang Sun regelmäßig zusammen. Beispielsweise in dem bereits in erwähnten, ein Jahr später entstandenen „Die Todeshand des gelben Adlers“, dessen Titel womöglich eine Fortsetzung des hier vorliegenden „Der Schrei des gelben Adlers“ suggerieren soll. Beide Filme haben aber – bis auf den Regisseur und den Hauptdarsteller – rein gar nichts miteinander zu tun. Die „gelben Adler“ (ja, es sind mehrere) sind 13 Kämpfer, die von einem bösen und skrupellosen Meister – Feng Ku in einer für ihn typischen Rollen – ausgebildet wurden, um ihm bedingungslos zu dienen. Der von Ti Lung ist einer von ihnen, der aber schon früh Skrupel ob dem mörderischen Treiben seiner „Brüder“ hat und sich letztendlich gegen sie stellt. Eine Rolle wie gemacht für den schauspielerisch talentierten Herrn Lung, der in allen Facetten dieses Charakters glaubwürdig erscheint.

Ihm zur Seite steht der leider viel zu früh verstorbene Alexander Fu Sheng. Dieser befand sich Ende der 70/Anfang der 80er auf dem Höhepunkt seiner kurzen Karriere und beerbte – zusammen mit Gordon Lui – die erste und zweite Generation der Shaw Brothers Stars. Häufig spielte er den humorvollen, leicht naiven Helden und kann damit als Vorbild für die Persona gelten, welche Jackie Chan zur Perfektion führte. Zwischen beiden besteht auch eine physische Ähnlichkeit, welche diese Assoziation natürlich verstärkt. Hier ist Alexander Fu Sheng einerseits für die humorvollen Momente zuständig, darf aber auch ein dunkles Geheimnis mit sicher herumtragen, welches ihm auch ermöglicht eine andere Seite von sich zu zeigen. Damit ähnelt Alexander Fu Sheng dem früheren Partner von Ti Lung: David Chiang, der sicherlich bei Chang Cheh diese Rolle übernommen hätte und ebenfalls häufig gutaussehende Sunnyboys mit dunklen Flecken auf der Seele gespielt hat. Doch gerade das unbekümmert jugendlich-weiche, das Alexander Fu Sheng ausstrahlt, passt perfekt zu der Rolle des „Namenlosen“.

Wie bei Chang Cheh weht ein nicht zu kleiner Hauch von Todessehnsucht durch den Film – für die (natürlich) Ti Lungs „Wanderer“ zuständig ist. Hierfür ist mit sicherlich Drehbuchautor Kuang Ni, der unzählige Filme in Zusammenarbeit mit Chang Cheh geschrieben hat. Doch im Gegensatz zum Werk eines Chang Cheh gibt es hier mit Alexander Fu Sheng einen Widerpart, der das Leben liebt und genug Größe hat, um zu verzeihen. Und obwohl die Geschichte das Rad nicht neu erfindet und man den Twist der Story sehr früh erahnt, gelingt es Chung Sun bestens diese packend, ohne Leerlauf und eben aufgrund der besonderen Beziehung zwischen seinen Figuren für den Zuschauer interessant umzusetzen. Zusammen mit der besonderen Ästhetik des Filmes ist „Der Schrei des gelben Adlers“ ein Höhepunkt im schier überbordenden Shaw Brothers Oeuvre.

Die 13. Folge der Shaw Brothers Collector’s Edition von filmArt präsentiert den Film in gewohnt hoher Bildqualität. Der deutsche Ton klingt ein wenig zu tief, als ob er einen Tick zu langsam abgespielt würde. Dies kann aber auch täuschen. Die Mandarin-Tonspur ist heller und klarer, aber auch künstlicher. Der Film liegt in der ungekürzten Fassung vor, die in der deutschen Kinofassung herausgeschnitten Handlungsstellen liegen in Mandarin mit deutschen Untertiteln vor. Wer das nicht mag und den Film nicht in Mandarin schauen möchte, der kann in den Extras auf die (etwas verwirrend „Deutsche „Langfassung“ betitelte) um neun Minuten gekürzte deutsche Kinofassung (leider ohne den deutschen Vorspann) zurückgreifen. Die filmArt-Fassung ist übrigens länger als die intentionale Fassung von Celestine auf der diese Blu-ray größtenteils beruht. Denn hier wurden 1,5 Minuten einer Kampfszene eingefügt, die dort fehlt und hier von einer deutschen 35mm-Fassung eingefügt wurde. Schade, dass diese dann nicht auch für die „Deutsche Langfassung“ als „Grindhouse-Fassung“ verwendet wurde. Sonstige Extras beinhalten ein hübsch illustriertes Booklet mit Aushangfotos, eine Bildgalerie und Trailer.

Veröffentlicht unter DVD, Film, Filmtagebuch | Verschlagwortet mit , , , , , , , , , | Ein Kommentar

Filmbuch-Rezension: Cornelius Hartz und Marco Mewes „Glücksorte für Filmfans“

Bei manchen Ideen fragt man sich, weshalb nicht schon jemand anderes darauf gekommen ist. Es ist doch so naheliegend. Genau das waren meine Gedanken als ich das schöne Buch „Glücksorte für Filmfans“ in der Hand hielt. Ein Reiseführer durch Deutschland, Österreich und die Schweiz für Filmfreund. Es gibt einen Blog im Internet, der einen ähnlichen Anspruch (okay, hier dann eher international gedacht) formuliert. Aber dieser hält meiner Meinung nach genau das nicht, was ich als Einzelperson mir darunter vorstellen würde. Drehorte aktueller Mainstream-Blockbuster ist doch mehr hübscher Reise- denn interessanter Filmblog.

Das Buch der beiden Autoren Cornelius Hartz und Marco Mewes erfüllt demgegenüber perfekt meine eigenen Ansprüche an einen Reiseführer für Filmfreunde. Auf 168 Seiten werden 80 Orte vorgestellt, an denen man seiner Leidenschaft frönen kann. Darunter sehenswerte Kinos (z.B. die Lichtburg in Essen, das Savoy in Hamburg), Filmmuseen (Düsseldorf, Frankfurt, aber auch kleinere wie das Kinomuseum in Vollbüttel), Festivals (Berlinale als Selbstgänger – aber auch „Exoten“ wir das Darßner Naturfilmfestival) und – klar – auch mal Drehorte. Ob die Schwarzwaldklinik und das Landarzt-Haus jetzt „Glücksorte für Filmfans“ sind, sei mal dahingestellt, die James-Bond-Drehorte in Sölden und die von „Nosferatu“ in Lübeck und Wismar aber auf jeden Fall.

Die Autoren machen bei ihrer Definition von „Glücksorten für Filmfreunde“ keinen Unterschied zwischen Kinofilm und Fernsehserie, was sie im Vorwort damit begründen, dass in das Genre „Fernsehserie“ mittlerweile so viel Produktionsmittel gepumpt werden, dass man sie problemlos neben die großen Kinofilmen gestellt werden könnten. Eine These, die man sicherlich kontrovers diskutieren kann. Und natürlich kann man auch bei der subjektiven Auswahl der beiden Autoren (die selbstverständlich nicht jede Stadt in Deutschland, Österreich oder der Schweiz nach Glücksorten absuchen können) auch gut darüber herum mosern, dass der eine oder andere wichtige Glücksort (an dieser Stelle sei nur kurz darauf hingewiesen, dass das älteste Programmkino Deutschlands in Bremen zu finden ist) fehlen würde und Hamburg im Buch möglicherweise etwas zu überrepräsentiert ist. Aber es gibt bei 80 Tipps eine solche Menge zu entdecken, dass man dies locker verschmerzen kann.

Und wer sagt, dass es nicht vielleicht irgendwann einmal ein Buch mit weiteren 80 Glücksorte geben könne? Ich würde dies sehr begrüßen und habe für meinen Teil bereits einige Reiseziele ins Notizbuch geschrieben. So werde ich im nächsten Jahr auf jeden Fall einmal „Görliwood“ einen Besuch abstatten.

Cornelius Hartz und Marco Mewes „Glücksorte für Filmfans“, Droste Verlag, 168 Seiten, € 15,99

Veröffentlicht unter Allgemein, Bücher | Verschlagwortet mit , , | Schreib einen Kommentar

Bericht vom 30. Internationalen Filmfest Oldenburg – Tag 3

Am für mich dritten und letzten Tag musste ich auf meinen Begleiter Stefan verzichten. Dafür legte ich mir den ersten Film so früh, dass ich ausnahmsweise mit dem Zug (Deutschlandticket sei Dank!) fahren konnte, da der letzte Filme um 20:40 zu Ende war und ich bequem zurückreisen konnte. Überraschenderweise lief mit der Bahn auch alles glatt. Sogar so glatt, dass ich fast den Oldenburger Hauptbahnhof verpasst hatte, weil ich mich gerade in eine Lektüre versenkt hatte.

Der erste Film des letzten Tages lief wieder im kleinen cineK Muvi, wo der Herr, den ich bereits in meinem Bericht vom ersten Tag erwähnt hatte, wieder seinen großen Auftritt hatte. Hier verkündete er, dass er keinen einzigen Film auf dem Filmfest gesehen hätte – er sich diesen aber nicht entgehen lassen würde, da der Regisseur ihm auf der Filmfest-Party am Vorabend den Film so schmackhaft gemacht habe.

The Nothingness Club – Über den Schriftsteller Fernando Pessoa wusste ich vor diesem Film so gut wie gar nichts. Nur die Bröckchen aus der Filmankündigung – dass er unter unzähligen Pseudonymen schrieb und für jedes dieser von ihm „Heteronyme“ genannten „Autoren“ eine eigene Biographie und einen eigenen Stil erfand. Vielleicht kann man Edgar Pêras Film mehr genießen und mit ihm anfangen, wenn man sich zuvor eingehend mit Pessoa und seinen Schriften beschäftigt hat. Denn eben jene legt Pêra seinen Figuren in den Mund. Im Großen und Ganzen handelt „The Nothingness Club“ von den vielen Heteronymen, die für Pessoa in einem großen Büro arbeiten und schreiben. Und von einer Femme Fatale, die auf einmal auftaucht und einiges durcheinander bringt. Und von einem geheimnisvollen Mörder, der die Heteronyme umbringt. In einem weiteren Strang befindet sich Pessoa scheinbar in einer psychiatrischen Anstalt. Oder auch nicht. Das bleibt alles vage. Regisseur Edgar Pêra erklärte in der Q&A, dass er ein „What if“ erschaffen hätte. Also ein „Was wäre passiert, wenn. Fernando Pessoa länger gelebt hätte“. Pessoa starb nämlich 1935 im Alter von nur 47 Jahren. Deshalb eine Texttafel am Beginn, die behauptet, Pessoa wäre 1939 bereits zum Nobelpreisträger für Literatur gekürt worden, doch durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges wäre die Vergabe ausgefallen und Pessoa leer ausgegangen“. Was den Film für Eingeweihte bereits als „What if“ entlarvt, denn Pessoa starb ja bereits 1935. Allerdings muss man das wissen. Ebenso wie die Tatsache, dass Pessoa nie in psychiatrischer Behandlung war und Pêra dieses Szenario nur für wahrscheinlich hielt, wenn Pessoa länger gelebt hätte. Von der Inszenierung her machen es einerseits die durchgehend aus aus dem Zusammenhang gerissenen Pessoa-Zitate als Dia- und Monologe schwer einen Zugang zu finden. Andererseits wird so viel Insider-Wissen vorausgesetzt, dass man sich schnell verliert und fragt, was das alles soll. Pêra nutzt verschiedene Verfremdungstricks und cineastische Spielereien, die dann aber auch ermüden. Auf mich machte „The Nothingness Club“ den Eindruck einer Parodie auf prätentiöse Kunstfilme, die völlig verkopft den Kontakt zum Zuschauer verloren haben. Doch die Q&A machte unmissverständlich klar, dass Pêra für den Autoren Pessoa brannte und voll hinter seinem Film stand. Weshalb ich dann auch ein wenig traurig war, dass ich zu „The Nothingness Club“ auf keiner Ebene einen Zugang gefunden habe, und auch einige ZuschauerInnen während des Filmes das Kino verließen. Schade. Schade fand ich auch, dass der Herr, welcher nun das Q&A moderieren sollte, nach der Vorstellung des Regisseurs und einer ersten Frage plötzlich kommentarlos das Kino verließ und den armen Edgar Pêra völlig allein zurückließ. Dieser wirkte daraufhin auch etwas verwirrt, machte aber souverän das Beste daraus. Leider uferte auch dies (unmoderiert) zeitlich komplett aus, so dass ich noch inmitten von Pêras interessanten Ausführungen mich raus stehlen (okay, das ist in dem kleinen Kino nicht wirklich unauffällig möglich), da im Studio bereits mein nächster Film startete.

Edgar Pêra mit Moderator

Regisseur Edgar Pêra

The King of Algier – „The King of Algier“ von Elias Belkeddar war ein kleiner Crowdpleaser, der keine wirklich neue Geschichte erfand und den man so oder so ähnlich schon öfter mal gesehen hat. Der französischer Gangster Omar (genannt „die Erdbeere“) muss in die Heimat seiner Eltern, nach Algerien fliehen. Hier wird er als lebende Legende bereits von Roger, seinem besten Freund aus Kindertagen, empfangen. Obwohl Omar sich nichts zu schulden kommen lassen darf, da ihm sonst der Knast in Frankreich droht, juckt es ihm bald in den Fingern, seine alten Tätigkeiten wieder aufzunehmen. Wogegen Roger auch nicht das geringste hat. Zu zweit sorgen sie dafür, dass Omar so etwas wie der King of Algier wird. Nebenbei übernimmt er eine Firma, die Kuchen herstellt und verliebt sich in eine der Mitarbeiterinnen, die ihm ordentlich Paroli bietet. Aber natürlich schläft die Konkurrenz nicht und es wird am Ende blutig. Immerhin mutiert Omar am Schluss nicht vom Saulus zum Paulus, sonder bleibt mehr oder weniger im Geschäft. Das ist alles sehr gefällig und mit viel Lokalkolorit gefilmt. Die Darsteller sind durch die Bank weg großartig. Angefangen mit Reda Kateb als Omar, den man aus zahlreichen französischen Filmen kennt. Als sein alter Kumpel Roger stiehlt ihm allerdings Benoît Magimel die Show. Den jungen, unverschämt gutaussehenden Liebhaber von Isabelle Huppert in Michael Hanekes „Die Klavierspielerin“ erkennt man allerdings nicht unbedingt wieder. Meriem Amiar gibt eine junge Frau, die weiß was sie will, und der Rest der Riege scheint aus algerischen Amateuren zu bestehen, die dementsprechend echt wirken und dem Film ganz sanft etwas beinahe dokumentarisches geben. Gute und empfehlenswerte Unterhaltung. Perfekt für ein größeres Publikum, welches sicherlich noch nicht so viele ähnlich gelagerte Filme gesehen hat und sein Auge gerne an „exotischen“ Schauplätzen ergötzt.

Charcoal – Der letzte Film „Charcoal“ – das erstaunliche Langfilmdebüt von Carolina Markowicz – war dann zum Abschluss noch einmal ein ungeheurer Magenschwinger vor dem Herrn. Als schwarze Komödie angekündigt, war er in der Tat tiefschwarz und in seiner bitteren Konsequenz unheimlich erschütternd. In einem ärmlichen Barackendorf irgendwo im brasilianischen Hinterland lebt die Familie von Irene. Ihr Mann Jairo leben von der Herstellung von Holzkohle, der 9-jährige Sohn muss das Zimmer mit dem dem totkranken Opa teilen. Da erscheint eines Tages eine neue Pflegekraft, um nach dem Opa zu schauen und macht Irene und Jairo ein unmoralischen Angebot. Wenn der Opa verschwindet, dann könne die Familie an seiner statt einen argentinischen Drogenbaron aufnehmen, der untertauchen muss und ein Versteck sucht, bis er ins nächste Land fliehen kann. Das Ganze könnte jetzt als Culture-Clash-Komödie inszeniert werden, wenn der Luxus gewöhnte Gangster bei der einfachen und armen Familie untertaucht. Tatsächlich hat der Film auch immer leichte Anflüge in diese Richtung. Aber wenn Irene und Jairo zu Beginn den hilflosen Alten skrupellos entsorgen, dann bleibt doch ein Kloß im Hals und man ahnt, dass es in dieser Welt eben nicht lustig zugeht. Die Armut und Jagd nach Geld hat hat die Familie korrumpiert und von „Armutsromantik“ ala Dickens ist hier nichts zu spüren. Auch ist der Gangster nicht gerade umgänglich und gewiss kein Sympathieträger. So scheut er sich nicht, den Sohn des Hauses für ihn harte Drogen kaufen zu schicken. Hier kommt im Grunde niemand mit niemandem klar. Die Kirche bietet auch keinen halt, sondern fordert ihren Obolus. Jairo hat ein heimliches Verhältnis mit seinem Nachbarn und die frustrierte Irene versucht den Gangster zu verführen. Dass sie dazu ein Bild verwendet, auf dem sie einst die Wahl zur „Miss Werwolf“ gewann, ist dabei auch nur auf den ersten Blick witzig, wenn man sich verdeutlicht, dass dieser Sieg ihr einziges Erfolgserlebnis blieb. Immer, wenn man denkt, dass der Film vielleicht doch noch einen heiteren oder zumindest versöhnlichen Ton anschlägt, wird man schnell eines besseren belehrt. Das bittere, aber konsequente Ende lässt einen mit einem unangenehmen Gefühl in der Magengegend zurück, welches sich noch einmal verstärkt, wenn das Schlussbild klar macht, dass die menschenverachtende Haltung der Eltern sich auch auf die nächste Generation überträgt, und es im Grunde keine Hoffnung auf eine bessere Zukunft gibt. Im Gegenteil. Ein sehr starker, authentisch gespielter Film, der sich einbrennt und mich auf der Rückfahrt im Zug noch sehr beschäftigte.

Fazit: Trotz all der eingangs in meinem Bericht vom ersten Tag angemerkten, extremen Sparmaßnahmen, den organisatorischen Merkwürdigkeiten hier und dort, und einer dadurch ein wenig leidenden Festivalatmosphäre, war es wieder ein extrem gutes Filmfest in Oldenburg. Den auch wenn das Drumherum vielleicht nicht ganz unwichtig ist, was zählt sind am Ende die Filme. Und die waren mal wieder exzellent ausgesucht. Ich ziehe einmal mehr meinen Hut vor den Leuten, die diese großartigen Filme Jahr für Jahr für das Festival aussuchen. Qualitativ befindet sich das Filmfest Oldenburg schon seit vielen Jahren auf einem extrem hohen Niveau – und übertrifft sich dann doch auch immer wieder selber. Nun hoffe ich, dass man nächstes Jahr bei der 31. Ausgabe nicht wieder das an allen Ecken und Enden fehlende Geld bemerkt – und freue mich darauf, hoffentlich wieder dabei zu sein.

Veröffentlicht unter Film, Filmtagebuch, Veranstaltungen | Verschlagwortet mit , , , , , , , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Bericht vom 30. Internationalen Filmfest Oldenburg – Tag 2

Am zweiten Tag traf ich mich bereits in Bremen mit Stefan, und wir stellten verblüfft fest, dass wir diesen Tag komplett im Theaterhof verbringen sollten. Vor ein paar Jahren wäre dies noch ein Grauen gewesen, doch in den letzten Jahren wurde ordentlich in die Technik investiert. Statt eines altersschwachen Beamers, der mehr grau als schwarz konnte und auch mit höheren Auflösungen so seine Probleme hatte, gibt es nun einen DCP-Projektor, welcher eine ganz hervorragendes Bild auf die Leinwand wirft. Auch der Ton ist mittlerweile satter und kräftiger – weniger blechern. Wenn die sehr unbequeme Bestuhlung nicht wäre, würde der Theaterhof ein wirklich hervorragendes Kino abgeben. Insbesondere auch, weil man scheinbar jetzt auch seine Getränke mit in den Saal nehmen darf.

The Wait – „The Wait“ von F. Javier Guttierrez ist ein ziemliches Brett von dem man eher weniger als mehr wissen sollte. Meine Erwartung in Richtung Western mit surrealen Untertöten. Nun, die Erwartungen wurden genauso erfüllt, wie gleichzeitig auch unterlaufen. Der Film handelt von Eladio, einem Mann der 1973 mit seiner Frau und seinem Sohn für ein großes, wüstenartiges Stück Land zuständig ist, welches dem Großgrundbesitzer Don Francesco gehört. Eladios Aufgabe ist es vor allem, Jagdgesellschaften zu betreuen. Dabei hat Don Francesco das Gesetz aufgestellt, dass nie mehr als 10 Jagdstände aufgebaut werden dürfen, da es sonst zu gefährlich wird. Allerdings hat Don Carlos, der Mann, der die Jagdgesellschaften für Don Francesco organisiert, seinen Kunden diesmal 14 Jagdstände versprochen. Mit Geld überzeugt er die in Armut lebende Familie, ein Auge zuzudrücken. Eladio ahnt nicht, welch schreckliche Konsequenzen es für ihn haben wird, dass er sich auf den Handel einlässt. Und diese Konsequenzen haben es wirklich in sich. Stück für Stück wird Eladios Leben zerrissen und zur Hölle gemacht. Man leidet mit ihm mit, wenn eine Katastrophe nach der anderen über ihn hereinbricht. Und wenn dann noch langsam und kriechend immer mehr seltsame Dinge passieren, die man nicht wirklich zuordnen kann, dann läuft einem bald auch eine Gänsehaut über den Rücken. Beim Grundplot scheint sich Guttierrez von einem Horrorthriller-Klassiker der 80er Jahre inspirieren lassen zu haben. Welcher dies ist, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten. The Wait ist voller fieser Schläge in die Magengrube, besticht durch eine ausserweltlich-bedrohliche Atmosphäre und einer eindrucksvoll schroff-kärglichen Landschaft, die sich in den Gesichtern der Hauptfiguren widerspiegelt. Insbesondere in dem des brillanten Hauptdarstellers Víctor Clavijo.

Nach dem Film berichtete der freundliche und sympathische Regisseur davon, dass ihn einerseits seine Kindheit in Spanien, die er in einer ähnlichen Gegend verbracht in welcher auch der Film spielt, zu „The Wait“ inspiriert hätte. Andererseits seien es aber auch die Horrorfilme der 70er Jahre gewesen, die noch Zeit gelassen haben, um eine dichte Atmosphäre aufzubauen und nicht gleich in die Vollen gegangen sind. Man kann hier nur attestieren, dass er seine Lektionen sehr erfolgreich gelernt hat. Vielleicht mein Highlight des diesjährigen Programms.

F. Javier Guttierrez mit Moderator

Regisseur F. Javier Guttierrez

Einmal kräftig durchgeatmet, dann ging es etwas leichter weiter.

The Book of Solutions – Michel Gondrys hat in meinem Herzen immer einen großen Platz, inszenierte er doch – wenn auch ausnahmsweise nicht nach eigenem Drehbuch, sondern nach einem von Charlie Kaufman – einen meiner Lieblingsfilme: „Vergiß mein nicht“. In seinem neuen Film lässt Gondry autobiographische Details einfließen und verarbeitet hier seine scheinbar auch mental sehr anstrengenden Dreharbeiten zu „Der Schaum der Tage“. Sein Alterego Marc Becker hat ebenfalls gerade einen Film abgedreht, der ihm nun vom Studio weggenommen werden soll. Kurzentschlossen entführt er das Rohmaterial und flüchtet mit seiner Cutterin Charlotte und deren beiden Mitarbeitern Sylvia und Carlos aufs Land zu seiner Tante Danielle. Doch der kreative Prozess wird zur Qual. Marc weigert sich sich sein eigenes Filmmaterial anzuschauen, was natürlich dem Prozess des Schneidens nicht gerade einfach macht. Gleichzeitig bombardiert er sein zunehmend frustriertes Team mit immer fantastischeren, absurderen und größenwahnsinnigen Ideen. Dass diese – so verrückt sie auch sein mögen – tatsächlich funktionieren und seine fixe Idee Sting für den Soundtrack zu gewinnen ebenso von Erfolg gekrönt ist, wie jene, selber als musikalische Unerfahrenerer ein ganzes Orchester rein mit Körperbewegungen zu leiten und ganz im Vorbeigehen den Score zu komponieren, mag mit einer generellen Selbstverliebtheit Gondrys zu tun zu haben. Den mag Marc für seine Mitmenschen noch so eine große Last und in Sachen Empathie und zwischenmenschlicher Kommunikation ein Militant sein, so macht Gondry doch klar, dass Marc – bei allen Schwächen – ein Genie ist. Eines, dessen unaufhörliche Energie andere mitreißt und letztendlich der Zweck die Mittel heiligt. Grundsätzlich ist es da problematisch, dass sich Marc oftmals wie ein Arschloch benimmt, doch durch Pierre Nineys liebenswerte Darstellung, kindliche Begeisterung und humorvollen Macken funktioniert die Figur dann doch. Auch wenn man sich fragt, wie es seine Mitstreiter so lange mit ihm aushalten. Für mich ist Marc Becker ein klassischer Fall von ADHS. Alle Symptome kommen in der Figur zusammen. Große Intelligenz und Kreativität, sowie die Fähigkeit sich total auf Dinge zu konzentrieren die einen interessieren und diese – so verrückt und wenig erfolgversprechend sie auch erscheinen – bis zum Ende durchzuziehen. Gleichzeitig die komplette Unfähigkeit sich mit Dingen zu befassen, die einen nicht interessieren. Ferner mangelnde Impulskontrolle, hohe Ablenkbarkeit und Sprunghaftigkeit. Damit beschreibt man sowohl ADHS als auch Marc ganz gut. Gleichzeitig sollte man aber auch erwähnen, dass der Film abgesehen von diesen eher dunklen Themen, voller sehr humorvollen Szenen ist, er ein gutes Gefühl vermittelt und gerade die Darstellerinnen ihre Sache großartig machen. Eine Entdeckung ist Camille Rutherford, die zunächst eine kleine, dann aber wichtige Rolle hat und der man gerne sein Herz schenken würde. Nach dem knüppelharten „The Wait“ tat dieser Film sehr gut.

Nach einer kleinen Stärkung im nahegelegenen Kumpir (wo wir von einer sehr netten Dame bedient wurden) ging es weiter mit dem letzten Film des Tages.

Mars Express – „Mars Express“ ist ein wunderbar klassischer Zeichentrickfilm, der an seine großen Kollegen wie „Herrscher der Zeit“ oder „Heavy Metal“ erinnert. Mit klaren Zeichnungen zwischen Manga und Ligne claire. Die Geschichte erfindet das Rad nicht neu, sondern mixt viele bekannte Bausteine aus Science Fiction, Film Noir und Buddy-Cop-Film. Die ehemalige Alkoholikerin – und weiter mit ihren Dämonen kämpfende – und Polizistin Aline Ruby, sowie ihr bereits verstorbener, als elektronische Erinnerung in einem künstlichen Körper weiterlebender Partner Carlos (der auch einige dunkle Stellen in der Vergangenheit hat) kommen einem Komplott auf die Spur, welches die für die Menschen fast schon unentbehrlichen Roboter und KI betrifft. Bald schon finden sie sich zwischen den Fronten wieder und kämpfen nicht nur um das Leben ihrer wichtigsten Zeugin, sondern auch um ihr eigenes. Der Film geizt nicht mit Action-Momenten und überraschenden Wendungen, die einen mehr als einmal auf dem falschen Fuß erwischen. Assimovs Robotergesetze spielen da genau so eine Rolle, wie die Entwicklung künstlicher Intelligenzen, die Emanzipation der „Sklaven“ und persönliche Traumata. Damit überlädt Regisseur Jérémie Périn sein Werk aber nicht. Über das Ende kann man dann noch diskutieren, nicht aber darüber, dass „Mars Express“ 85 Minuten große Zeichentrick-Unterhaltung, eine spannende Story und interessante Figuren aufbietet.

Eigentlich hatten wir noch überlegt uns im cineK noch um 0:00 Uhr die Dokumentation „Enter the Clones of Bruce Lee“ anzuschauen. Doch das hätte noch eine Stunde Wartezeit bedeutet. Da wir aber beide recht müde waren und darauf spekulierten, dass dieser vom Chef des US-Labels „Severin“ gedrehte Film irgendwann auf einer Veröffentlichung dieses Labels seine Heimat finden wird, traten wir dann doch bereits den Heimweg an. Ein toller zweiter Tag.

Veröffentlicht unter Film, Filmtagebuch, Internet | Verschlagwortet mit , , , , , , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Bericht vom 30. Internationalen Filmfest Oldenburg – Tag 1

Jubiläum! Zum nunmehr 30. Mal öffnete das Internationale Filmfest Oldenburg seine Tore. Hatte ich aus diesem Grund ein besonders rauschendes Filmfest erwartet, so wurde ich enttäuscht. Nein, nicht direkt enttäuscht, sondern es verblüffte mich, dass das Filmfest ausgerechnet in diesem Jahr ein wenig karg daher kam. Offensichtlich musste sehr viel Geld eingespart und das Budget auf ein Minimum reduziert werden. Dies fiel schon im Vorfeld auf. Es gab keine zugkräftigen Namen als Stargäste. Gut, damit kann ich ausgezeichnet leben, aber dass die Retrospektive ersatzlos gestrichen wurde, tat dann doch weh. Gerade hier hatte ich in den Vorjahren viele tolle Entdeckungen machen dürfen. Die Spielzeiten im Casablanca erschienen mir auch reduziert. Ebenso entfielen diesmal die traditionellen Vorstellungen in der JVA, welche immer ein Alleinstellungsmerkmal des Filmfest Oldenburg waren. Mir persönlich sauer aufgestoßen war der Verzicht auf ein physisches Programmheft. Scheinbar war der Druck zu teuer, so dass man es nur über die Homepage des Festivals aufrufen konnte. Am Handy eine Qual. Überhaupt die Webseite. Aus welchem Grund die Filterfunktion für die Filme plötzlich verschwunden ist, kann ich nicht nachvollziehen. So ist es von heute auf morgen nicht mehr möglich gewesen, das Programm nach Tagen, Kinos oder Reihen zu filtern. Überhaupt die Reihen – zumindest auf der Webseite existierten sie nicht mehr. Der Grund dahinter erschließt sich mir nicht. Die Pressebetreuung war auch nicht ideal. Ich kam am Freitag extra früh in Oldenburg an, um in Ruhe alles nötige zu organisieren. Da wurde mir im Pressezentrum mitgeteilt, dass man eigentlich erst um 16:00 Uhr öffnen würde und sich dementsprechend nicht um mich kümmern könne. Die Journalistin vor mir würde noch bedient, aber dann „habe ich eigentlich anderen Dinge zu tun“. Jene Journalistin raunte mir dann zu, dass die junge Dame völlig überfordert sei, weil einfach viel zu wenig Personal angestellt worden sei. Es gelang mir dann doch noch, die junge Dame zu überreden, mich noch „abzufertigen“, da mein erster Film bereits um 16:30 starten würde und es doch sehr knapp werden könne, wenn ich dann erst um 16:00 Uhr meine Akkreditierung und Tickets bekommen würde, und zudem möglicherweise in einer Schlange stehen müsse. Zudem merkte ich an, dass es etwas unglücklich sei, dass man keine Info vorab erhalten habe, dass das Pressezentrum erst um 16:00 Uhr öffnen würde. Woraufhin sie meinte, das stehe doch an der Tür. Tja, die kann man von Bremen nur so schlecht sehen, entgegnete ich. Aber immerhin war die junge Dame zwar sichtlich überarbeitet, aber sehr freundlich und letztendlich ging ja alles gut aus.

Also dann nach einem kleinen Ausflug in die Oldenburger City rüber ins cineK wo im größeren „Studio“ der für mich erste Film wartete. Und dort merkte ich dann auch, was die Journalistin mit „viel zu wenig Personal“ meinte. Während früher hier mindestens zwei junge Leute vom Filmfest standen, hatte diese Aufgabe diesmal ein Herr übernommen, den ich zuvor – soweit ich mich erinnere – hier noch nie gesehen habe, und der einen ganz eigenen Humor pflegte. So stürmte er vor dem Film ins Kino, verkündete, dass er eh nichts zum Film sagen können und man doch lieber den Films sehen als ihn quatschen hören würde. Daraufhin stürmte er mit einem lauten „Also! Film ab!“ wieder heraus. Kam bei einigen im Publikum gut an, ich fand es etwas befremdlich. Aber gut.

Little Girl Blue – Der Ansatz von Mona Achaches Film ist ein sehr interessanter gewesen. Carole Achache, die Mutter der Filmemacherin, war eine in Frankreich offenbar bekannte Autorin, die mit einem autobiographischen Roman großen Erfolg hatte und mit 63 Jahren Selbstmord beging. Die Tochter versucht nun mit ihrem Meta-Film das Leben ihrer Mutter anhand von Tonbandaufnahmen, Filmen und Bildern zu rekonstruieren. Dazu hat sie Schauspielerin Marion Cotillard mit ins Boot geholt, die in die Rolle der Mutter schlüpft. Und dies so perfekt, dass man tatsächlich völlig vergisst, dass man hier „nur“ eine der erfolgreichsten französischen Schauspielerinnen der Gegenwart vor sich hat, sondern nur noch Carole Achache sieht. Die Metamorphose ist komplett. Erst spät im Film fiel mir auf, dass Marion Cotillard gar nicht selber sprach, sondern zu den realen Tonbandaufnahmen von Carolin Achache lediglich die Lippen bewegte. So spannend dieser Ansatz ist und so großartig das Spiel von Marion Cotillard, so ist der Film aufgrund seiner ungeheuren Monologlastigkeit (französisch mit englischen Untertiteln, die man permanent mitlesen muss) sehr anstrengend. Erschwerend kommt hinzu, dass hier einiges an Wissen um die Pariser Intellektuellenszene der 50er, 60er und 70er vorausgesetzt wird. Denn wie ihre Tochter an ihr, arbeitete sich auch Carole Achache an ihrer Mutter Monique Lange ab, die ebenfalls eine bekannte Autorin war und – wie sie – in eben jenen Kreisen Zuhause war. Ohne das im besten Falle vor dem Film angelesene Wissen um Monique Lange und Carole Achache, sowie ihre Zeitgenossen schwirrt, einem schnell der Kopf ob der Vielzahl an Namen und Persönlichkeiten, die einem da maschinengewehrartig um die Ohren gefeuert werden. Es macht auch Sinn, sich vorher einmal mit Jean Genet beschäftigt zu haben, der für Monique Lange und Carole Achache eine große Rolle im Leben spielte. So wächst der Film, wenn man sich im Nachgang mehr mit den realen Protagonisten beschäftigt. So fühlt man sich als „Uninformierter“ erst einmal – trotz der Brillanz einer Marion Cotillard und den aufregenden Lebenswegen der Hauptfiguren – komplett erschlagen, erschöpft und oftmals etwas ratlos.

Danach ging es ins weitaus kleinere, aber gemütlichere und charmantere cineK Muvi, wo ich meinen Weird-Xperience-Kollegen und Mit-Cineasten Stefan traf, mit dem ich ab jetzt alle weiteren Filme am Freitag und Samstag schauen sollte. Was wie immer eine große Freude war.

Behind the Haystacks – Der Film der griechischen Regisseurin Asimina Proedrou erzählt die Geschichte einer im Norden Griechenlands, nahe der nordmazedonischen Grenze lebenden Familie und wie diese zerfällt, als der Vater einen Job als Schleuser von syrischen Flüchtlingen annimmt. Erzählt wird der hochinteressante Film in drei Teilen. Der erste – welcher durchaus Anleihen im Gangster – und Noirfilm nimmt – konzentriert sich auf den Vater und erzählt die Geschichte aus dessen Perspektive. Im zweiten Teil liegt der Fokus auf der Mutter, und der letzte widmet sich der Tochter. Zunächst verwirrt diese Struktur etwas, dass die einzelnen Geschichten immer wieder Leerstellen aufweisen, bei denen sich der Zuschauer zunächst fragt, ob er eventuell eine wichtige Information verpasst hat. Diese Leerstellen werden dann aber in den weiteren Abschnitten aufgefüllt, wobei sich interessanterweise tatsächlich keine Szene wiederholt. Also Handlungsabschnitte nicht einfach nur aus unterschiedlichen Blickwinkeln gezeigt werden. Obwohl keine der Figuren – wenn, dann vielleicht die Tochter – als Sympathieträger taugt, so ist man doch so nah an den Charakteren dran, dass man zumindest eine Verständnis und auch Mitgefühl für sie entwickelt. So würde beispielsweise der Vater – wenn man seine Geschichte nicht kennen würde – oftmals einfach nur wie ein jähzorniges Monstrum wirken. Und die Mutter erscheint im ersten Teil noch als um Balance bemühte Seele, während sie im zweiten – und vielleicht interessantesten Teil – sich als von Verpflichtungen, Rollenmodellen und religiösem Druck Getriebene entpuppt, um ihm letzten Teil autoritär das Interesse der Familie und hier vor allem der Tochter dem gesellschaftlichen Ansehen unterordnet. Wobei sie ihre Auge vor den Bedürfnissen und Gefühlen ihrer Familie verschließt, um letztendlich im alten, nur scheinbar harmonischen Trott weiterleben zu können. Der Film reißt auch Themen wie die Flüchtlingsproblematik an, formuliert diese aber nicht unbedingt aus. Vielmehr nutzt er sie, um einem die Handelnden näherzubringen und sie zu charakterisieren. Getragen wird der Film von seinen fantastischen Schauspieler und Schauspielerinnen, die komplett mit ihren Rollen verschmelzen.

Die überaus sympathische Regisseurin war zur Vorstellung anwesend. Die Q&A übernahm ein mir nicht bekannter Filmemacher, dessen Name mir nicht geläufig war, und den ich daher leider vergessen habe. Dies war ein neues Konzept, welches das Filmfest ausprobiert hat: „Filmmakers on Filmmakers“. Meine Vermutung: Dieses Konzept war sehr wahrscheinlich auch dem Sparzwang geschuldet. Denn während in all den Vorjahren die Q&A vor allem von jungen Mitarbeitern des Filmfests geleitet wurde, so sparte man dieses Personal in diesem Jahr komplett ein. Tatsächlich fiel mir niemand auf, der wie in den Vorjahren im Filmfest-T-Shirt für Kartenkontrolle, Ansagen und eben die Q&A anwesend war. Dies wurde von einem absoluten Minimum an Personal und eben den „Filmmakers on Filmmakers“ erledigt. Was zur Folge hatte, dass eigentlich jede Q&A zeitlich völlig aus dem Rahmen lief und vor allem Fragen gestellt wurden, die für einen Filmemacher, aber nicht zwangsläufig für das Publikum interessant sind. Zumindest unterstelle ich mal, dass den Durchschnittszuschauer nicht interessiert, mit welcher Kamera der Film gedreht wurde.

Regisseurin Asimina Proedrou mit den Produzenten ihres Filmes

Asimina Proedrou

Asimina Proedrou

Asimina Proedrou mit dem Moderator bei der Q&A

Die Q&A ging dann auch so lange, dass man sofort zurück ins Studio fiel und keine Zeit zum Verschnaufen blieb.

The Belgian Wave – Die belgische Mockumentary „Spit’n‘Split“ von um die – real existierende – „The Experimental Tropical Blues Band“ war eins der Highlights des 24. Internationalen Filmfests Oldenburg im Jahre 2017. Über diesen Film schrieb ich damals er sei „durchaus harter, unangenehm realistischer, dreckiger Punkfilm mit rabenschwarzhumorigen Untertönen“. Umso gespannter war ich nun auf den zweiten Spielfilm des Regisseurs Jérôme Vandewattyne, welche nun sechs Jahre später ebenfalls in Oldenburg lief. Und ich wurde nicht enttäuscht. Vandewattyne vermischt in „The Belgian Wave“ wie im Vorgänger Realität und Fantasie und lässt seine Figuren in eine absurd-surreale Situation nach der anderen schlittern. Grundlage sind die (tatsächlich stattgefundenen) gehäuften UFO-Sichtungen in Belgien, die im November 1989 begannen und ihren Höhepunkt Ende März 1990 erreichten. Vandewattyne nutzt altes TV-Material, mischt dies mit Fake-Found-Footage eines auf dem Höhepunkt der Welle angeblich verschwundenen Reporters, dessen Erlebnisse (und geistige Gesundheit) graduell in den Wahnsinn driften. In der Gegenwart versucht sein stetig unter Drogeneinfluss stehender Patensohn und die kleinwüchsige Tochter seines Kameramanns die Schicksal des Journalisten herauszufinden. Ihre Reise führt ebenfalls durch ein seltsames Traumland in knalligen Farben in dem es von Star-Trek-Süchtigen Anwälten, einer voll-tätowierten Notarin mit Welthass und Kuchensucht, einer geheimnisvollen Sekte und vielem anderen mehr wimmelt. Garniert wird alles mit einem knalligen Soundtrack, der ordentlich aus den Boxen knallt. Klar, manches erinnert an Terry Gilliams „Fear and Loathing in Las Vegas“ oder Lynch light. Aber man merkt, dass die Macher ihren Spaß hatten und dieser überträgt sich auf das Publikum. Nach dem Film kommt man einmal ordentlich durchgeschüttelt und mit einem ähnlich seligen Lächeln wie Hauptfigur Elzo nach einem seiner LSD-Trips aus dem Kino.

Der sehr sympathische Regisseur Jérôme Vandewattyne war mit seinen Hauptdarstellern anwesend und die nahmen gemeinsam gleich das Publikum für sich ein. Es wurden lustige und interessante Anekdoten vom Low-Budget-Dreh erzählt, von den Schwierigkeiten des Filmemachens berichtet und der gute Zusammenhalt aller gelobt. Schade war, dass Hauptdarstellerin Karen De Paduwa nicht einmal zu Wort kam. Faszinierend fand ich, dass Hauptdarsteller Karim Barras im wirklichen Leben ganz anders aussah wie im Film, nämlich exakt wie Checker Tobi vom Kika! Und in Nebendarstellerin Séverine Cayron (die scheinbar eine enge Beziehung zu Vandewattyne hat) konnte man sich schon ein wenig verlieben. Starker Film und würdiger Abschluss des ersten Tages.

Moderator mit Jérôme Vandewattyne

Jérôme Vandewattyne, Séverine Cayron, Karen De Paduwa, Karim Barras

Moderator, Jérôme Vandewattyne, Séverine Cayron, Karen De Paduwa, Karim Barras

Séverine Cayron, Karen De Paduwa, Karim Barras

Veröffentlicht unter Film, Filmtagebuch, Veranstaltungen | Verschlagwortet mit , , , , , , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Blu-ray-Rezension: Der weiße Killer – The Last Jaws

Kurz vor einem großen Windsurf-Wettbewerb kommen plötzlich einige Leute auf dem offenen Meer um. Der Schriftsteller Peter Benton (James Franciscus) und der Kapitän eines Fischerboots (Vic Morrow) vermuten einen großen weißen Hai hinter den Todesfälle, weshalb sie den Bürgermeister (Massimo Vanni) drängen den Wettbewerb abzublasen. Dieser glaubt aber die Situation im Griff zu haben und will kurz vor seiner Wiederwahl den prestigeträchtigen Event unbedingt durchführen. Dies erweist sich als nicht besonders gute Idee.

1981 war die Zeit der großen “Der weiße Hai”-Klone eigentlich schon vorbei. Aber das hinderte die Italiener nicht daran, trotzdem Spielbergs großen Erfolg preisgünstig noch einmal zu drehen und auch noch Motive der offiziellen Fortsetzung mit beizumischen. Das Ergebnis wurde etwas großspurig als „The Last Jaws“ – oder in Deutschland auch „Der weiße Killer“ – betitelt. Als Regisseur konnte Action-Spezialist Enzo G. Castellari verpflichtet werden, der gleich zu Beginn schon einmal sehr beeindruckend seine berühmten Zeitlupen-Action-Aufnahmen einstreuen kann.

Beeindruckend ist es auch, wie eng sich „The Last Jaws“ an seine Blaupausen „Der weiße Hai“ und „Der weiße Hai 2“ hält. Die Variationen sind minimal. Aus dem Polizeichef Brody wird der Autor „Peter Benton“, welcher offensichtlich „Der weiße Hai“-Autor Peter Benchly als Vorbild haben soll. Aus dem bärbeißigen Quint wird „Ron Hamer“, der zwar wie eine Kopie des zähen Kapitäns der „Orca“ wirkt, aber weitaus sympathischer und zugänglicher gezeichnet wird. Hier ist der Kapitän zudem ein alter Kumpel des Helden Benton. Die Rolle des im Original von Richard Dreyfuß Hooper fällt weg. Dessen Funktion wird auf Benton und Hamer aufgeteilt. Als Darsteller konnten die beiden US-Amerikaner James Franciscus und Vic Morrow gewonnen werden. James Franciscus besaßen bereits einige Erfahrung mit italienischen Produktionen. So spielte er die Hauptrolle in Dario Argentos zweiter Regiearbeit „Die neunschwänzige Katze“ und war 1979 sowohl bei Antonio Margheritis „Piranhas II – Die Rache der Killerfische“ als auch Ruggero Deodatos „Concord Inferno“ dabei. Vic Morrow war einst durch seine Rolle als jugendlicher Unruhestifter in „Saat der Gewalt“ berühmt geworden und ist der Vater von Jennifer Jason Lee. Nach „The Last Jaws“ blieb er in Italien und drehte mit einen zweiten Film mit Castellari: „The Riffs – Die Gewalt sind wir“, bevor er bei den Dreharbeiten zu „Unheimliche Schattenlichter“ auf tragische Weise ums Leben kam. Beide machen das Beste aus dem Drehbuch, welches sie auf Stereotype reduziert und gerade Franciscus in den Szenen mit seiner durch einen Hai-Angriff verstümmelten Tochter einige sehr seltsam kitschige Momente zumutet.

Von diesen Szenen abgesehen hat Castellari den Film aber gut im Griff und versteht es die episodenhafte Handlung unterhaltsam und mit Sinn für Spektakel voranzutreiben, obwohl diese Bemühungen ständig von den Hai-Aufnahmen konterkariert werden. Hier wurde teilweise auf Stock-Footage zurückgegriffen, wobei die verschiedenen Hai-Arten und unterschiedlichen Größen der Tiere – zusammen mit der deutlich erkennbaren anderen Bildqualität – die Illusion sofort entlarven. Des weiteren wurde ein recht unbewegliches Model eines Hai-Rumpfes samt beeindruckenden Mauls gebaut, welches hie und da aus dem Wasser schaut. Das hat durchaus Charme und reizt zu einem Lächeln, wenn die riesige Attrappe wie ein Korken auf der See auf und ab hüpft. In einem auf der Blu-ray enthaltenden Interview schwärmt Regisseur Castellari davon, wie aufwändig die Szene, welche Haiattacken auf ein Boot und einen Helikopter beinhaltet, inszeniert wurde. Mit einem echten Helikopter und einem gewaltigen Wasserbecken. Da glaubt man fasst, der gute Enzo hätte seinen eigenen Film nicht gesehen. Denn dort wurde eben jene Szene mit Spielzeugmodellen „aufgewertet“, wodurch sie dann doch so realistisch aussieht, wie eine Toho-Produktion. Nein, eigentlich noch weniger realistisch. Aber das macht eben auch die Freude an dieser Produktion aus, die spätestens hier dann doch von einem halbwegs ernsthaften „Der weiße Hai“-Imitat in ein unfassbaren Spaßfilm kippt.

Wenn dann noch der immer gute Romano Puppo als stoischer Hai-Jäger auftaucht, dann kennt die Freude keine Grenzen mehr. Neben Puppo ist noch ein weiterer Castellari-Stammschauspieler zu sehen: Giancarlo Prete, der als „Timothy Brand“ in „Metropolis 2000“ den Italo-Mad-Max gab. Seine lebendige Vorstellung des lokale TV-Reporters Bob Martin bringt tatsächlich etwas Ernsthaftigkeit und verhaltene Medienkritik zurück. Ja, wirkt wie eine Rückbesinnung des Italo-Kinos auf ähnliche Charaktere wie Philippe Leroys Figur Pablo in „Das wilde Auge“ und Gabriel Yorkes Alan Yates in „Nackt und zerfleischt“.

Ein wenig enttäuschend ist die Musik des Duos De Angelis, die zahlreiche Castellari-Filme – man denke nur an seine Poliziotteschi-Actioner – kongenial und grandios vertont hatten, hier aber nur einen – aus verschiedenen Gründen – auffälligen Titelsong ganz am Anfang beisteuern, dann aber überraschend zurückhaltend bleiben. Obwohl der Film doch genug Anlass bietet, auf der Musikspur ordentlich auf die Tube zu drücken.

Am Ende ist „The Last Jaws“ leider nicht das kleine Meisterwerk, welches man sich erhofft hätte. Ja, der Film driftet häufig in jene Gefilden, die weniger nette Zeitgenossen „Trash“ nennen würden. Aber Castellari ist einfach ein zu guter Regisseur und hat genügend talentierte Schauspieler vor der Kamera, dass man seiner kleinen „Der weiße Hai“-Variante nicht einen guten Unterhaltungswert und hier und dort sehr gelungene Momente absprechen kann. So sah es scheinbar auch die Universal, welche eine Aufführung des 1982 in den USA ungewöhnlich erfolgreich angelaufenen Filmes aufgrund seiner großen Ähnlichkeit zu ihrem Klassiker „Der weiße Hai“ per Gerichtsbeschluss untersagen ließen. Wahrscheinlich, um die Chancen ihres eigenen Sequels „Der weiße Hai 3D“ nicht zu gefährden.

Der Film ist mit fünf unterschiedlichen Cover-Motiven (wovon eines sicherlich nur als Gag gedacht ist) bei Anolis in der Reihe „Die 80s“ erschienen. Wie bei Anolis gewohnt in sehr guter Bild- und Tonqualität. Wie gewohnt ist das Mediabook wieder randvoll gestopft mit Extras. Das beginnt mit gleich zwei Audiokommentaren (der erste mit Dr. Gerd Naumann, Matthias Künnecke und Christopher Klaese, der zweite mit Ingo Strecker und Jörg Michael Jedner). Weiter geht es mit dem oben schon angesprochenen 17-minütigen Interview mit Enzo G. Castellari. Danach kommt Ugo Tucci zu Wort, der als Produzent und Autor der Story eine der treibenden Kräfte hinter dem Film war.(19 Minuten). Schließlich erzählt Massimo Vanni, der die Rolle des Bürgermeisterkandidaten spielt, der das Unglück auslöst, von den Dreharbeiten und seiner Karriere (26 Minuten). Neben Trailern und einer Bildergalerie gibt es auch ein 36-seitiges Booklet mit Bildern, Aushangfotos sowie Texten von Lars Dreyer-Winkelmann und Eugenio Ercolani. Ferner ist auf einer zweiten Blu-ray die alte, gekürzte deutsche Kinofassung zu finden.

Veröffentlicht unter DVD, Film, Filmtagebuch | Verschlagwortet mit , , , , , , , , , , , | Schreib einen Kommentar

Vorschau: Das 30. Internationale Filmfest Oldenburg – Weitere Filme und Tribute

Nun wurden auch die letzten Filme für das diesjährige Filmfest angekündigt. Im Vergleich zum ersten Schwung sind nun sehr viele mehr spannend klingende Werke dabei. Die Ankündigungen machen auf jeden Fall neugierig. Zudem wurde der Tribute für dieses Jahr verkündet. Er gilt den beiden Filmemacherinnen Isild Le Besco und Jen Gatien, die mir beide bislang vollkommen unbekannt sind. Le Besco gilt laut New York Times als „The Wild Child of French Cinema“ und die junge französische Filmemacherin soll „die berühmteste Filmemacherin unbekannter Filme“ sein. Jen Gatien ist eine unabhängige Produzentin aus New York, die u.a. mit Abel Ferrarra arbeitete.

Leider gibt es in diesem Jahr keine Retrospektive, was ich extrem schade finde. Denn gerade die Retros waren immer kleine Highlights für mich, bei denen ich viele Künster*innen entdeckte, mit denen ich mich vorher nicht so sehr auseinandergesetzt hatte. Die ich für mich seitdem aber neu entdeckt habe und deren Werke mich noch immer begleiten. Wie Philippe Mora, John und Peter Hyams, Ovidio G. Assonitis oder George Armitage. Ich war schon sehr gespannt, wer es dieses Jahr wird und bin daher ein wenig enttäuscht. Ich tröste mich mal damit, dass mir die Filmauswahl dann wahrscheinlich noch schwerer gefallen wäre.

Ebenso enttäuscht bin ich darüber, dass es dieses Jahr nicht ein osteuropäischer oder skandinavischer Film ins Programm geschafft hat. Okay, dafür gibt es spezielle Festivals (GoEast bzw. Nordische Filmtage), aber für japanische Filme auch (da sogar zwei: Nippon Connection und das Japan Filmfest in Hamburg).

Hier nun die Übersicht über die restlichen Filme. Der Text stammt aus der Pressemitteilung, kursiv dahinter meine persönliche Anmerkung.

The Book of Solutions, Frankreich 2023, Michel Gondry (Internationale Premiere) – In seinem ersten Film seit acht Jahren, der in Cannes seine Premiere feierte, erzählt der Oscar-prämierte Michel Gondry die Geschichte eines exzentrischen Regisseurs, der versucht die Dämonen zu besiegen, die seine Kreativität zügeln. – Seit Gondry mit „Eternal Sunshine on a Spotless Mind“ einen meiner absoluten Lieblingsfilme gedreht hat, erwarte ich voller Ungeduld jeden neuen Film. Ich hoffe, dieser passt dieses Jahr in meinen Plan.

Maestra, USA 2023, Maggie Contreras (Internationale Premiere) – Mit ihrem Debutfilm folgt die Regisseurin fünf internationalen Frauen, die sich auf »La Maestra« vorbereiten – dem weltweit einzigen Wettbewerb für Operdirigentinnen. Persönliche Geschichten vom Überleben, der Leidenschaft und Ausdauer verschwimmen mit der Aufregung des Ereignisses und durchbricht einen weiteren Käfig, der für Frauen geschaffen war. – Klingt spannend. Der Film ist – wie ich jetzt gesehen habe – eine Dokumentation. Interessiert mich sehr.

In the Form of Love, Iran 2023, Sivash Asadi (Weltpremiere) – Im Iran der 50er-Jahre suchen eine Mutter und ihre Tochter vorübergehend Zuflucht auf dem Dorfgut eines entfremdeten, aber langjährigen Freundes, dessen 14-jähriger das Kino liebt. Während die Erwachsenen sich um die reale Welt kümmern, verlieren die beiden Jugendlichen ihre Herzen an die Welt des Films – und aneinander. In Anlehnung an seine Kindheit, in der er als Zehnjähriger mit Freunden die Schule schwänzte um Filme im Kino zu sehen, überbringt Siavash Asadi eine Liebeserklärung an das Kino von gestern: eine Hommage an Cinema Paradiso. – Ich habe in der Tat noch nie einen schlechten iranischen Film gesehen. Bislang waren iranischen Filme immer Volltreffer oder mindestens gut. Da mich die Geschichte auch interessiert steht der Film weit oben auf meiner Liste.

Confines, Frankreich 2023, Isild Le Besco (Weltpremiere) – Der Moment, in dem Emmanuel Macron in einer Videobotschaft den Coronalockdown verkündet, trifft Zina und ihre Geschwister wie ein Schlag in die Magengrube. Sie werden nicht nur aus dem Alltag gerissen, sondern sind jetzt auch Gefangene ihres Vaters, der gewalttätig wird. Im Zentrum dieser klaustrophobischen Tragödie wächst Hoffnung. – Obwohl ich von Corona nichts mehr hören möchte, klingt dieser Film sehr vielversprechend. Vom Tribute-Ehrengast kenne ich bislang auch nichts, vertraue aber wie immer auf den guten Geschmack der Festivalleitung. Ist vorgemerkt.

Charcoal, Argentinien/Brasilien 2022, Carolina Markowicz (Deutschlandpremiere) – In ihrem preisgekrönten Spielfilmdebut wird einer Familie, die sich um ihren bettlägerigen Patriarchen kümmert, ein verwerfliches Angebot gemacht: Ihrem Ältesten abzusetzen und einen argentinischen Drogenbaron Zuflucht zu gewähren. Ein menschliches und gleichzeitig beklemmendes Porträt einer unmenschlichen Welt. – Das kann sich in viele unterschiedliche Richtungen entwickeln. Im Programm steht auch etwas von schwarzem Humor und Thriller. Ich lasse mich da gerne überraschen.

Heavier Is The Sky, Basilien 2023, Petrus Cariry (Internationale Premiere) – Von dem brasilianischen Filmemacher, dessen »Trilogie des Todes« über 100 Preise und Nominierungen erhielt, folgt nun ein Roadmovie: eine poetische, aber brutale Sicht auf Liebe, Familie und das Leben. Nachdem Teresa ein verlassenes Kind aufnimmt, trifft sie Antonio und ihre Reise über die Straßen beginnt. Sie teilen nicht nur eine gemeinsame Vergangenheit, sondern Erinnerungen an eine Stadt, die in einem Staudamm versunken liegt. Das Leben ist traumhaft, aber die Zukunft gefährlich. – Sicherlich kein schlechter Film. Aber ich habe etwas Angst davor, dass sich die Geschichte um das verlassene Kind zum traurigen Drama auswächst. Und da werde ich leider schnell getriggert. Wahrscheinlich lasse ich den Film darum aus.

From Dawn Till Noon On The Sea, Japan 2023, Takayuki Hayashi (Weltpremiere) – Die ersten Momente des tiefgehenden Spielfilmdebuts zeigen eine japanische Teenagerin, die in ihrer Schuluniform durch einen Tunnel geht, der sie in die Gesellschaft zurückführt. Laut des örtlichen Radios wurde sie entführt und 49 Tage als Geisel gehalten, aber körperlich nicht von ihrem Entführer berührt. Unter ihren Altersgenossen gilt sie als Verstoßene, aber schnell wird klar, dass nicht die Entführung, sondern die Gesellschaft das Gefängnis ist. – Als Freund des japanischen Kinos habe ich mir den Film vorgemerkt. Klingt auch sehr spannend.

Behind the Haystacks, Griechenland 2022, Asimina Proedou (Deutschlandpremiere) – Getrieben von finanzieller Not lässt sich ein Bauer an der nordgriechischen Grenze auf die Mafia ein: Er schmuggelt Einwanderer über einen Grenzsee, der mit Mazedonien verbunden ist. Doch als Leichen angeschwemmt werden und er aussteigen möchte, muss seine Familie die Konsequenzen seines Handelns tragen. – Eine klassische Gangstergeschichte also. Diesmal in Griechenland vor dem Hintergrund der Flüchtlingsströme. Den versuche ich mir auf jeden Fall anzusehen.

 

Im toten Winkel, Deutschland 2023, Ayşe Polat – Im toten Winkel verwebt Ayşe Polat die Fäden der Realität und des Ätherischen miteinander, um die Erzählung von politischen Intrigen in eine faszinierende Darstellung über die anhaltende Wirkung von Gewalt zu verwandeln. Mit meisterhafter Regie gelingt es ihr, Emotionen hervorzurufen, die dem Abspann weit nachwirken. – Hier weiß ich nicht wirklich, was mich erwartet. Im Programm steht auch etwas von „einem unheilvollen Tanz aus Paranoia, Verschwörung und geisterhaften Kräften“. Macht neugierig. Behalte ich mal im Hinterkopf.

Enter the Clones of Bruce, USA 2023, David Gregory (Deutschlandpremiere) – Anfang der 1970er Jahre wurde Bruce Lee zum Idol des internationales Actionkinos. Bereits wenige Stunden nach seinem Tod 1973 begannen Filmstudios nach einem neuen Star zu suchen, der Lee ersetzen sollte. Kommerzielle Motive ließen eine Armee von Bruce Lee-Klonen entstehen. Die sogenannte Bruceploitation läuft seit mittlerweile 50 Jahren.– Genau mein Ding. Den Spielfilm „The Clones of Bruce Lee“ (Bruceploitation at its best) durfte ich mal in Düsseldorf auf 35mm sehen. Würde ich mir auf jeden Fall anschauen, wenn dahinter nicht Severin stehen würde, die die Doku sicherlich sowieso – wie schon die tolle Al-Adamson-Doku die vor einigen Jahren in Oldenburg lief – als Bonus-Disc in einer Bruceploitation-Box bringen werden. Wobei die Severin-Boxen blöderweise fast immer Regionalcode A und damit für mich unabspielbar sind. Ich überlege es mir noch…

Mars Express, Frankreich 2023, Jérémie Périn – Die Akzeptanz von Unterschieden, Roboter und Menschen. Irgendwo zwischen der Ästhetik von »Blade Runner«, den technophilosophischen Ideen von »Ghost in the Shell« und den warnenden Science-Fiction-Prophezeiungen von Isaac Asimov entfaltet sich ein faszinierendes Film-Noir-Abenteuer über die Gefahren und Möglichkeiten künstlicher Intelligenz. – Schon der zweite SF-Animationsfilm dieses Jahr in Oldenburg. Ich bin interessiert.

Shura: Sister of the Rope, Japan 2023, Tohjiro (Weltpremiere) – Zwei Schwestern kämpfen darum, ihre traumatische Vergangenheit zu überwinden. Ihre Mutter, ein Bondage Model, beging Selbstmord und ihr Vater, der Fesselkünstler, ließ sie im Stich. Die filmischen Absichten sind ebenso tiefgreifend und eindringlich wie in den intimen Dramen von Ozu oder den glühenden Psychodramen von Bergman. Transgressives Filmemachen von einer Intensität, die dem Zuschauer den Atem verschlägt. – Noch einmal Japan. Diesmal tief rein in eine für westliche Zuschauer seltsame und vielleicht bizarr anmutende Fetisch-Welt. Könnte etwas sein. Behalte ich auch im Auge.

Veröffentlicht unter Film, Veranstaltungen | Verschlagwortet mit , | Ein Kommentar

DVD-Rezension: „Wildwasser Sam“

Der Trapper Sam, genannt Wildwasser Sam, durchquert im Jahre 1820 allein die Rocky Mountains,

Wildwasser Sam“ ist eine One-Man-Show seines Regisseurs, Drehbuchautoren und Hauptdarstellers Keith Larsen. Larsen trat seit 1951 in Filmen auf und war Ende der 50er und in den 60ern als Hauptdarsteller wenig erfolgreicher TV-Serien aktiv. Leider ist er auch das große Problem des Filmes „Wildwasser Sam“, denn er entwickelt kaum Charisma, was natürlich keine gute Voraussetzung ist, wenn man in jeder Szene zu sehen ist und den Film ganz allein tragen möchte. Auch der Regisseur Larsen wirkt eher unsicher. Man mag kaum glauben, dass es sich hier um die bereits sechste Regiearbeit des Mannes handelt, denn der ganze Film wirkt wie das Debüt eines Schauspielers, der meint es auch mal selber versuchen zu müssen. Da passt vieles nicht zusammen, wirkt amateurhaft und baut keine wirkliche Dramatik auf.

Larsen filmt vor allem Totale, um dann immer wieder auf Nahaufnahmen zu schneiden, die aber nicht wirklich zum Rest passen. Diese Aufnahmen wirken wie nachträglich gedreht und dann später in im Schnitt irgendwo eingefügt. Dadurch sind die Hintergründe oftmals falsch und/oder man sieht Umgebung gar nicht nicht. Zudem hat man den Eindruck, als ob für Totale immer ein Double für den mittlerweile 53-jährigen Larsen genutzt worden wäre und er selber nur in den – vermutlich an einem Stück gedrehten – Nahaufnahmen in Aktion tritt. Dies wäre auch nicht schwierig, da beim zotteligen Wildwasser Sam das Gesicht eh kaum zu erkennen ist. Dem Drehbuch fehlt es an Dynamik und einer richtigen Geschichte. Dies versucht Larsen mit vielen durchaus beeindruckenden Naturaufnahmen zu kaschieren. Wobei er auch hier – analog der italienischen Kannibalenfilme – auf Inserts einer aggressiven Tierwelt setzt. Was nicht unproblematisch ist, denn er sieht sehr danach aus, dass hier Tiere nur für den Film aufeinander gehetzt worden sind.

Statt für eine packende Geschichte nutzt Larsen sein Drehbuch für Monologe in denen sich Sam ausführlich mit Gott oder seinem Hund unterhält. Ansonsten hat die Figur keinerlei Hintergrund. Man weiß nicht woher er kommt, weshalb er die Wildnis durchquert. Generell, wer dieses Mann überhaupt ist und was er will. So bleibt man mit dieser reinen Chiffre auf Distanz. Eine Identifikation ist kaum möglich. Es ist einem auch ziemlich egal, was mit ihm passiert. Man folgt Sam eben unbeteiligt durch die Wildnis, sieht zu wie er mit den Tieren interagiert oder diese einfach nur beobachtet. Wie er vor den Eingeborenen oder vor Wölfen flüchtet. Wobei beide völlig gesichtslos bleiben, Weshalb die Eingeborenen ihm gegenüber feindselig sind bleibt nebulös. Die sind einfach die Bösen. Fertig. Dabei wirken gerade diese Szenen auch sehr amateurhaft. Als hätte Larsen seine Darsteller einfach irgendwo hingestellt und dann auf Kommando loslaufen lassen. Und weshalb findet sich Sam plötzlich am Marterpfahl wieder. Weshalb überlebt er? Und was soll dieser verwirrende Schnitt auf einen verbrannten Schädel von dem man nicht weiß, ob er von einem Tier oder einem Menschen stammt? Auf die Dauer wird die episodenhafte Handlung, die keinem roten Faden folgt, dann doch langweilig. Konsequent endet der Film dann einfach irgendwann.

„Wildwasser Sam“ stammt laut IMDb von 1982 und soll 1977 gedreht worden sein. Dem widerspricht allerdings der auf der Pidax-DVD enthaltenden ZDF-Fassung, deren Abspann den Film auf 1976 datiert. Leider ist diese Präsentation kein Ruhmesblatt. Bild und Ton sind schlecht. Das Bild scheint von eienr alten ZDF-MAZ zu stammen. Es ist kontrastarm und pixelig. Am Ende gibt es Bildstörungen wie bei einer VHS und der obere Bildrand ist leicht ausgefranst. Die Szenen mit den Eingeborenen sind seltsam milchig, viel zu hell und wirken wie durch Rauch hindurch gefilmt. Auch das Format scheint nicht original zu sein. Laut IMDb sollte es 1.85 sein, doch auf der DVD befindet sich eine TV-konforme 4:3-Fassung. Der deutsche Ton ist eine Frechheit. Obwohl vom ZDF kompetent synchronisiert, wurde er scheinbar fehlerhaft konvertiert, denn er kommt nur aus den hinteren Boxen und klingt extrem verhallt. Demgegenüber ist der englische Ton dann so dumpf, dass man kaum etwas versteht.

Veröffentlicht unter DVD, Film, Filmtagebuch | Verschlagwortet mit , , , , , | Schreib einen Kommentar

Vorschau: Das 30. Internationale Filmfest Oldenburg – Erste Filme angekündigt

Die ersten Filme für das 30. Internationale Filmfest Oldenburg – welches vom 13. bis 17. September stattfindet – wurden gerade angekündigt. Ich habe wieder einmal die Ankündigungstexte der Pressemeldung übernommen und im Anschluss mit meinen eigenen Anmerkungen versehen. Die beiden TV-Produktionen habe ich außen vorgelassen. Man geht ja auch ein Filmfestival um Kino zu sehen, keine TV-Serienformate. Also, ich zumindest.

Willie and Me, Deutschland/USA 2023, Eva Haßmann – „Als Hommage an den legendären Country-Sänger, dessen Lieder und Texte die Inspiration für das Drehbuch und die Regie des Films waren, erzählt Eva Hassmann die Geschichte einer deutschen Hausfrau, die einer tristen Ehe entflieht und sich auf eine spontane Reise nach Las Vegas begibt, um Willies Nelsons Abschiedskonzert zu erleben. Selbstbewusst und unbekümmert wie die besten Komödien des goldenen Zeitalters Hollywoods mischt sie als Autorin und Regisseurin (und als Hauptdarstellerin und Produzentin) verschiedene Genres zu einer unwiderstehlichen Melange aus Roadmovie, Screwball Comedy, Musikfilm und Indie Drama.“ – Der Eröffnungsfilm. Reiht sich ein in die Eröffnungsfilme der letzten Jahre. Deutsches Kino für ein großes Publikum. Das macht auch Sinn. Mich interessiert der Film eher weniger.

The Wait, Spanien 2023, F. Javier Gutierrez (Deutschlandpremiere) – „Nach dem großen Erfolg seines Erstlingsfilms „Before the Fall“ folgte Javier Gutiérrez dem Ruf Hollywoods und drehte den dritten Teil der Horrorsaga „The Ring“, der mit 83 Mio Dollar an den Kinokassen reüssierte. Trotzdem verbuchte man den Film als Desaster, Gutiérrez kehrte enttäuscht von der Gefräßigkeit der Traumfabrik zurück nach Spanien und drehte seine ganz persönliche Abrechnung mit Hollywood. „The Wait“ ist ein Film wie eine Urgewalt, ein hartes Familiendrama, Cinemascope-Bilder zum Niederknien schön und eine Story, die ganz langsam in einem Alptraum landet, aus dem es kein Erwachen gibt. Europa hat eines seiner größten Talente zurück.“ – Diese Ankündigung verrät leider nichts über den Inhalt des Filmes. Die IMDb hilft da auch nicht weiter, zeigt aber ein Kinoplakat, welches auf einen Horrorfilm hindeutet. Als Genres werden dort „Drama, Fantasy“ angegeben. Ein Link zur Mubi läasst den Film zu „Horror, Fantasy“ werden und erhüllt folgende Zusammenfassung: „Eladio, an upright ranch caretaker, takes a bribe from a veteran hunter. Weeks later, his whole life falls apart. What looked like the opportunity of a lifetime, turns into a nightmare when he discovers that his bad fortune isn’t casual.” Ich bin auch jeden Fall schon mal sehr gespannt.

Passenger C, USA 2023, Cassian Elwes (Internationale Premiere) – „Die wahre Geschichte von Cassian Elwes, dem erfolgreichen Filmproduzenten und Hollywood Agenten, der auf einem Nachtflug von New York nach LA in einen Zwischenfall mit einem aggressiven Passagier gerät. Die Begegnung mit diesem Mann verändert sein Leben, er definiert seinen inneren Kompass neu. Als Produzent hat er einige der großen Independent Filme der vergangenen Jahre ermöglicht, „Dallas Buyers Club“ war einen weltweiter, oscarprämierter Hit, jetzt schafft Cassian Elwes mit seinem Regiedebüt ein spannenden Spagat – einerseits ein emotionales Drama mit intensiven Momenten und tollen Darstellern, anderseits ein aufregender und sehr persönlicher Blick hinter die Kulissen der Traumfabrik. Als Co-Produzentin beweist Veronica Ferres sehr viel Einfühlungsvermögen für starkes Independentkino.“ – Hmmmm, der Name der Co-Produzentin lockt mich jetzt nicht. Auch der Plot klingt eher nach übergroßer Nabelschau und Ego-Show. Ich bin skeptisch, schreibe den Film aber noch nicht ab.

Whenever I’m Alone With You, Frankreich 2023, Guillaume Campanacci/Vedrana Egon (Weltpremiere) – „Von Guillaume Campanacci & Vedrana Egon kommt eine romantische Komödie, inspiriert von der französischen Nouvelle Vague. Die Hauptdarsteller spielen sich selbst, ergänzt durch Guillaumes gesamte Familie, einschließlich seiner 96-jährigen Großmutter. Im zauberhaften Südfrankreich trifft der suizidale Guillaume auf Vedrana, eine Ballerina aus Sarajevo. Die Mission: Sein Herz neu zu entfachen. Doch seine Ex-Verlobte taucht auf, schwanger mit seinem Kind. Jean-Luc Godard trifft auf Cinéma Vérité und Magischen Realismus – ein kühnes, fesselndes Kinoerlebnis.“ – Der letzte Satz klingt fantastisch. Und das Cure-Zitat als Titel natürlich auch. Die Sätze davor sprechen mich noch nicht so wirklich an. Würde ich auf der Liste eher nach hinten schieben.

Little Girl Blue, Frankreich 2023, Mona Achache (Weltpremiere) – „“Es gibt nichts, was geschehen könnte, das mich davon abhalten würde, Teil dieses Films zu sein“ – ein starkes Statement aus dem Munde der oscarprämierten Marion Cotillard. Am 1. März 2016 beging Carole Achache Suizid, hinterließ jedoch keinen Abschiedsbrief, sondern 25 Kisten gefüllt mit tausenden Fotos, Briefen und Aufnahmen. Diese entdeckt ihre Tochter Mona Achache – vergrabene Geheimnisse, die ihren Tod noch rätselhafter erscheinen lassen. Mona agiert in diesem persönlichen Dokudrama selbst vor der Kamera und engagiert Marion Cotillard, die in die Rolle ihrer Mutter schlüpft. Durch die Kraft des Films und die Schönheit der Verkörperung lässt sie ihre Mutter wiederauferstehen, um ihren Weg nachzuvollziehen und herauszufinden, wer sie wirklich war.“ – Das klingt sehr interessant. Marion Cotillard mag ich sehr gerne und der Ansatz gefällt mir. Mal schauen. Die IMDb-Bewertungen (wenn auch wenige) sind sehr gut.

Robot Dreams, Spanien/Frankreich 2023, Pablo Berger (Deutschlandpremiere) – „Basierend auf der Graphic Novel der amerikanischen Autorin Sara Varon, erzählt „Robot Dreams“ von Dog and Robot im New York der 80er Jahre. Eine Geschichte über Freundschaft, ihre Bedeutung und ihre Zerbrechlichkeit. Ein Liebesbrief an den Big Apple. Dog lebt in Manhattan und hat es satt, allein zu sein. Eines Tages beschließt er, sich einen Roboter zu bauen, einen Begleiter. Ihre Freundschaft blüht auf, bis sie im Rhythmus des New York der 80er Jahre unzertrennlich werden. Eines Sommerabends muss Dog voller Trauer Robot in Coney Island am Strand zurücklassen. Werden sie sich jemals wiedersehen? Die Filme von Charlie Chaplin, Buster Keaton und Harold Lloyd waren Pflichttermine für die Robot Dreams-Crew, ihr kleines Meisterwerk des Animationsfilms wird schon jetzt als heißer Oscarkandidat gehandelt.“ – Das spricht mich schon mal sehr an. Ich bin gespannt auf den Film und werde definitiv versuchen ihn zu erwischen. Ich hoffe mal, der Spielplan gibt das her. Bislang hatte ich da bei Animationsfilmen immer wenig Glück. Regisseur Berger hat auch „Blancanieves“ gedreht, von dem ich viel Gutes gehört habe. Ich glaube, der lief auch mal in Oldenburg.

King of Algiers, Frankreich 2023, Elias Belkeddar (Internationale Premiere) – „ Im Debütfilm des französischen Regisseurs Elias Belkeddar spielt César-Award-Gewinner Reda Kateb den Gangster Omar, in der Unterwelt ehrfurchtsvoll „die Erdbeere“ genannt. Auf der Flucht in Algier gestrandet, um einer 20-jährigen Haftstrafe in Frankreich zu entkommen, findet er Zuflucht bei seinem Freund Roger (César-Award-Gewinner Benoît Magimel). Die Chemie der beiden Hauptdarsteller auf der Leinwand ist umwerfend. Temperamentvoll, melancholisch und einfach nur herzerwärmend entfachen die beiden eine Liebesgeschichte über Freundschaft und die Schönheit der einfachen Freuden des Lebens.“ – Hier schreckt mich der letzte Satz eher ab. Grundsätzlich könnte der Film aber interessant sein. Und Reda Kateb ist ja ein Guter.

The Nothingness Club, Portugal 2023, Edgar Pêra (Deutschlandpremiere) – „Ein surrealer Blick auf die Welt und das Leben des portugiesischen Modernisten-Schriftstellers Fernando Pessoa, der unter etwa 75 verschiedenen „Heteronymen“ schrieb: vollständig ausgearbeitete fiktive Personen mit ihren eigenen, unverwechselbaren Geschichten, literarischen Stilen und Lebensphilosophien. Der Kultfilmemacher Edgar Pêra, der mit dem faszinierenden „Magnetic Pathways“ bereits Gast in Oldenburg, entführt die vielen literarischen Persönlichkeiten Pessoas in eine Noir-Welt aus verrauchten Bars und Femme Fatales, in der die größte Bedrohung von dem zunehmend gewalttätigen und geistesgestörten Álvaro de Campos (einer von Pessoas berühmtesten Künstlernamen) ausgeht. Eine filmische tour de force, die man erleben muss, ohne zu versuchen, sie zu verstehen.“ – Ehrlich gesagt bin ich jetzt nicht wirklich durchgestiegen worum es in dem Film geht. Ich vermute mal, dass die „Heronyme“ als eigenständige (Film)-Welten dargestellt werden. Quasi ein „Multiversum“ in einem Autoren. Damit kann ich allerdings auch komplett falsch liegen. Auf jeden Fall bin ich neugierig.

The Belgian Wave, Belgien 2023, Jérôme Vandewattyne (Weltpremiere) – „Nachdem er mit „Spit’n’Split“ einen der wildesten Bandfilme aller Zeiten vorgelegt hat, zeigt sich Belgiens enfant terrible Jerome Vandewattyne erneut als Meister des Paranoiakinos. „The Belgian Wave“ nimmt sich eines der spektakulärsten Phänomene der jüngeren belgischen Geschichte an – eine Reihe an ungeklärten UFO Sichtungen Ende der 80er Jahre, die das Land in Aufregung versetzte. Ein gefundenes Fressen für den letzten echten Punkrocker des Autorenkinos, der aus dem Stoff eine psychedelische Jagd nach der Wahrheit macht, die ja eigentlich ganz einfach zu finden wäre, wenn man denn nur das Unmögliche einfach akzeptieren würde.“ – „Spit’n’Split“ war großartig. Da freue ich mich schon sehr auf Vandewattynes neuen Film. Zumal mich belgische Filme in Oldenburg noch nie enttäuscht haben. Bin dabei!

Veröffentlicht unter Allgemein, Film, Veranstaltungen | Verschlagwortet mit , | Schreib einen Kommentar