Blu-ray-Rezension: „Undercover – In Too Deep“

Jeffrey Cole (Omar Epps) hat gerade die Polizei-Akademie abgeschlossen, da erfüllt sich sein großer Traum: Er wird Undercover-Cop. Als solcher kann er schon bald einige Erfolge verbuchen. Schließlich wird er auf den mächtigen Unterweltboss Dwayne Gittens (LL Cool J), der sich selbst „God“ nennt, angesetzt. Cole gelingt unter dem Decknamen „J. Reid“ in Gittens‘ Organisation Karriere zu machen, und sich das Vertrauen des Gangsters zu erschleichen. Doch damit macht er sich nicht nur Freunde und gerät bald in Lebensgefahr. Daraufhin zieht ihn sein Vorgesetzter (Stanley Tucci) zu seiner eigenen Sicherheit von dem Fall ab. Doch Cole denkt nicht daran aufzugeben…

Die Figur des Undercover-Polizisten, der irgendwann nicht mehr aus seiner Rolle herausfindet oder in Loyalitätskonflikte gerät, ist ein sehr beliebtes Thema im Gangsterfilm. Man denke nur an an den brillanten “Infernal Affairs” oder sein Hollywood-Remake “The Departed”, oder die sehr ähnliche Konstellation “City on Fire” und “Reservoir Dogs”. Auch im deutschen Fernsehen gab es 1996 einen prestigeträchtigen 5-Teiler von Dieter Wedel mit dem Namen “Der Schattenmann”, welcher eine ähnliche Geschichte erzählt, wie der drei Jahre später entstandene „In Too Deep“. Einem verdeckten Ermittler gefällt seine Rolle als Gangster so gut, dass er zunehmend Probleme hat, seine wahre Persönlichkeit von der erfundenen Gangster-Figur zu trennen.

Der Hauptvorwurf, den man „In Too Deep“ machen kann ist der, dass er aus seinem spannenden Szenario zu wenig macht. Der zunehmende Schizophrenie seiner Hauptfigur wird nicht die große Aufmerksamkeit geschenkt, wie sie wahrscheinlich ursprünglich im Drehbuch von Michael Henry Brown und Paul Aaron angelegt war. Tatsächlich konzentriert sich Regisseur Michael Rymer zunächst auf das Abenteuer und den Nervenkitzel, den er von sich sehr eingenommen Polizist Jeff Cole verspürt, wenn er langsam das Vertrauen des skrupellosen Gangsters „God“ erschleicht. Es wird zwar angedeutet, wie „geil“ es Cole findet, dass es ihm leicht fällt, das Vertrauen anderer zu erschleichen, aber dies läuft eher nebenbei mit und wird zunächst nicht zum zentralen Element des Filmes. Eher konzentriert man sich auf die Gefahr, in der Cole schwebt und seine Konflikte mit seinem Vorgesetzten.

Zudem lernt man Cole als Charakter erst richtig kennen, wenn er von dem Fall abgezogen wird, und er sich für eine Zeit abseits von der Unterwelt mit einem ganz anderen Leben arrangieren muss. Was ihm nicht besonders schwer fällt. Hier hätte man die Chance gehabt, die Figur des Cole ambivalenter zu inszenieren, indem man in der Schwebe hält, wer eigentlich der echte Cole ist: Der kleine Gangster „J. Reid“ oder Jeff, der nette Typ von nebenan? Der Film beantwortet die Frage, indem er klar macht: Cole ist der gute Dr. Jekyll, J. Reid der böse Mr. Hyde, der immer mehr die Kontrolle übernimmt. Zu einem echten Problem wird dies allerdings erst, wenn es Cole gelingt, an seinem Vorgensetzen vorbei, wieder auf „God“ angesetzt zu werden. Nun nehmen Coles psychische Probleme so plötzliche überhand, dass dies eher aufgesetzt wird. Was schade ist, denn hätte sich die Regie hier etwas mehr Zeit genommen und ein wenig mehr auf Subtilität gesetzt, wäre das Ergebnis dem Zuschauer wahrscheinlich tiefer unter die Haut gegangen.

So bekommt man statt eines erschütternden Psychodrama eben „nur“ einen spannenden Gangsterfilm. Dieser erzählt zwar nicht viel Neues – dies aber sehr routiniert und kurzweilig. Hauptdarsteller Omar Epps spielt sehr überzeugend und charismatisch den Polizisten Jeff Cole. Gewichtiges Zentrum des Filmes ist der Rapper LL Cool J,, der seinen „God“ abseits seiner üblichen „Teddy“-Darstellung, wie man sie sonst von ihm kennt, anlegt. „God“ ist eine durchaus interessante Figur, die sich väterliche Figur inszeniert, aber – wie sein selbstgewählter Spitzname es schon zeigt – unter Größenwahn leidet. Er sieht sich tatsächlich als „Gott“, den die Bewohner seines Ghettos anzubeten haben. Der Güte zeigt, aber auch unbarmherzig straft. Der als liebender Übervater gesehen werden will, aber sich auch keine Gedanken macht, wenn er vor den Augen seines völlig verängstigten kleinen Sohnes einen Verräter brutal zu Klump schlägt. Der liebevoll seinen besten Freund umarmt, und eben diesem einen Billardqueue in das Rektum stößt, wenn er glaubt, dieser habe ein Auge auf seine Frau geworfen. Damit ist „God“ ein perfektes Gegenstück zu Cole Während dieser ein guter Typ ist, der einen bösen spielt, ist „God“ ein böser Typ, der einen Guten spielt.

In kleineren Rolle sind die immer wieder gern gesehenen Stanley Tucci und Pam Grier mit dabei. Während Tucci als Coles Vorgesetzter zwar eine recht klischeebesetzte Rolle inne hat, diese aber problemlos mit viel Leben erfüllt, ist Pam Griers Talent und Charisma leider verschwendet. Sie spielt eine ältere, erfahrenere Kollegin von Cole, die nicht besonders viel von ihm und seinen Methoden hält. Was auf Gegenseitigkeit beruht und bei jedem Zusammentreffen zu Konflikten führt. Leider sind Pam Griers Auftritte eher spärlich, nicht unbedingt wichtig für die Handlung und damit auch austauschbar. Dass Pam Griers Figur auch nur einen Gemütszustand kennt, nämlich eine permanente Genervtheit, macht es nicht besser. Eine weitaus besseren Eindruck hinterlässt Hill Harper, der einen der Handlanger „God“s spielt und Cole in die Gang einführt. Harper spielt den Breezy so glaubwürdig, dass man glauben könnte, man hätte ihn direkt von der Straße gecastet – und keinen Schauspieler vor sich, der sich seine ersten Sporen bei „Eine schrecklich nette Familie“ verdient hat.

Bei der Blu-ray-Veröffentlichung von filmArt gibt es nichts zu bemängeln. Die Bildqualität ist außerordentlich gut und auch der Ton kann, ebenso wie die deutsche Synchro, überzeugen. Wobei der authentische Ghetto-Ton der Originaltonspur zu bevorzugen ist. Man sollte dann allerdings die deutschen Untertitel zuschalten. Die Extras wurden 1:1 von der alten Kinowelt-DVD übernommen und beinhalten eine 7-minütige Interviewstrecke, in der sich die Schauspieler des Films gegenseitig auf die Schulter klopfen, eine 3-minütige B-Roll, ein Musikvideo und Trailer.

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