DVD-Rezension: „Das Monster mit der Teufelsklaue“

England im 18. Jahrhundert. Julia (Marguerite Hardiman), die Tochter des Bürgermeisters eines kleinen Dorfes ist in Ralph (Stephen Bradley) einen armen Bauern verliebt. Natürlich sind ihre Eltern gegen die Verbindung mit dem „Bauernlümmel“. Trotzdem schwören sich die beiden ewige Liebe, indem sie sich in die Finger ritzen und ihr Blut vermischen. Dummerweise fällt dabei ein Tropfen von Julias Blut genau auf die Stelle, wo der Selbstmörder und Teufelsanbeter Lord Asher (Mike Raven) liegt. Dieser kehrt so auf die Erde zurück und scharrt rasch eine Gruppe untoter Jüngerinnen um sich. Sein eigentlich Ziel ist aber, Julia zu seiner satanischen Braut zu machen…

Im Netz kann man einen schönen Satz über „Das Monster mit der Teufelsklaue“ finden. Da steht, der Film wäre „so incoherent that it comes across as a Dada nightmare“. Das trifft es ziemlich gut. Wer einen „normalen“ Horrorfilm in der britischen Tradition solcher Studios wie Hammer oder Amicus erwartet, ist hier definitiv an der falschen Adresse. Wer sich für solche Laien-Stücke wie die von Andy Milligan begeistern kann, kommt der Sache schon näher. Obwohl der Vergleich etwas hinkt, denn Regisseur Tom Parkinson konnte auf gestandene Schauspieler zurückgreifen. Einer von ihnen – Ronald Lacey – hatte sogar die Ehre, den teuflischen Nazi-Bösewicht in einem der beliebtesten und erfolgreichsten Blockbuster der 80er Jahre zu spielen: Den Toht in „Jäger des verlorenen Schatzes“. In diesem Film hier ist er aber ganz weit weg von Hollywood. Der damals 37jährige spielt einen Priester, der um einiges älter sein soll, eine viel zu große, weiße Perücke trägt und in der deutschen Synchronisation durch die Stimme von Herbert Weicker („Mr. Spock“) noch einmal ein paar Jahre auf den Buckel gepackt bekommt. Von den anderen Darstellern machte niemand die große Karriere, es handelt sich aber durchgehend um gestandene Fernseh-Schauspieler. Die hier aber teilweise ihre Kunst vergessen haben. Oder bereits während des Drehs bemerkten, in was sie da geraten sind und dementsprechend dachten: „Ach, jetzt auch egal“.

Dass der Film im 18. Jahrhundert spielen soll, nimmt man ihn zu keiner Sekunde ab. Alles schreit: 70er Jahre! Inklusive seltsamer Regie-Entscheidungen, wie die, den Bürgermeister und Vater der Heldin in eine Karikatur zu verwandeln, deren üppige Augenbrauen bis zum Scheitel gekämmt sind. Oftmals denkt man sich nur: Was haben die sich dabei gedacht? Warum muss der Dämon aus der Hölle als Trachten tragender Kleinwüchsiger daher kommen? Wobei man gestehen ist, dass diese Figur allein durch ihre Unfassbarkeit recht creepy daherkommt. Auch muss ich gestehen, dass mir das extreme Make-Up des untoten Lord Asher und seiner willenlosen Dienerinnen gut gefallen hat, weil es so seltsam ist. Allein die Entscheidung, die bleichen Gesichter nicht mit schwarz umrandeten Panda-Augen (wie man das normalerweise gemacht hätte) als Zombies darzustellen, sondern die Augenumrandung blutrot zu machen, hat einen merkwürdig schaurigen Effekt. Und bei der Figur des unheimlichen Lord Asher verfuhr man nach dem Motto: Viel hilft viel und kleisterte sein Gesicht derartig mit Schminke zu, dass man eigentlich lachen müsste. Allerdings hat die Schminke eine solch ungesunde grau-blau-silberne Farbe, dass es wirklich krank-schaurig aussieht. Da sieht man gerne darüber hinweg, dass für Arme und Hände nichts mehr übrig war.

Über die Geschichte des Filmes legt man besser den Mantel des Schweigens und verdeckt die gewaltigen Fragezeichen, die einem aus dem Kopf wachsen. Ich will hier dann auch gar nicht auf die zahlreichen Ungereimtheiten eingehen, denn da wäre ich erstens noch lange beschäftigt und zweitens macht es auch gar keinen Sinn, da der Film sich eh nicht um Logik schert. Da macht einem eher schon die oben bereits zitiere Inkonsistenz zu schaffen. Regisseur Parkinson schafft es an einigen Stellen tatsächlich eine, wenn schon nicht besonders schreckliche, so doch interessante Atmosphäre zu schaffen. Dies gilt insbesondere für die Szenen, wenn der Lord in der Nacht auftaucht und diejenigen, die ihn bei seinen blutigen Ritualen mit seinen Dienerinnen zeigen. Andere wirken so, als ob das Bauernstadl eine Horrorfilm-Parodie einstudiert. Mal findet Kameramann William Brayne (später selber ein vielgefragter TV-Serien-Regisseur) besondere, ungewöhnliche Einstellungen, dann wieder sieht es aus, als habe er einfach lustlos seine Kamera in die Gegend gehalten. Mal wird schnell geschnitten und Tempo gemacht, dann wieder mäandern die Protagonisten endlos durch die englische Landschaft. Und dies alles zu Johann Sebastian Bachs Toccata, welche manchmal klingt wie von einem besoffenen Organisten gespielt und bald schon kolossal nervt. Für Regisseur Tom Parkinson sollte „Das Monster mit der Teufelsklaue“ die einzige Spielfilmregie bleiben. Er konzentrierte sich danach vor allem auf die Produktion, vor allem im Fernsehen. Das war vielleicht auch besser so.

Eine faszinierende Gestalt ist Hauptdarsteller Mike Raven, mit bürgerlichem Namen Austin Churton Fairman. Raven hatte bereits ein bewegtes Leben hinter sich, bevor er Mitte der 60er Jahre als Radio DJ bekannt wurde. Er diente im 2. Weltkrieg als Leutnant, wurde nach Kriegsende zunächst Balletttänzer, dann Fotograf, Innendekorateur und schrieb einen erfolgreichen Reiseführer über Spaniens unentdeckte Seiten. Ende der 50er Jahre arbeitete er als Schauspieler, Regisseur und Produktionsmanager beim Fernsehen, bevor er Anfang der 60er seine wahre Berufung fand: Er begann erst bei der BBC als Radiomoderator zu arbeiten und wurde dann einer der populärsten DJs der damaligen britischen Piratensender, wo er vor allem seiner Leidenschaft für Rhythmn & Blues frönte. Dieser Erfolg führte zu Festanstellungen bei einigen offiziellen Radiostationen. Trotz seiner Popularität kehrte er dem Radio 1971 den Rücken, um als Horrorfilmstar Karriere zu machen. Zu dieser Zeit war er schon fasziniert vom Okkulten und bemühte sich ein entsprechendes Image aufzubauen. Tatsächlich wurde er schnell in Hammers „Nur Vampire küssen blutig“ und Amicus „I, Monster“ gecastet. Dann trat er als Star in dem von Tom Parkinson produzierten „Der Leichengießer“ auf und dann in dem von ihm mitfinanzierten „Das Monster mit der Teufelsklaue“. Letzterer floppte allerdings so gewaltig, dass Raven seine Filmkarriere nach nur vier Filmen in knapp zwei Jahren beendete und Holzschnitzer und Schäfer wurde. Er starb 1997. In „Das Monster mit der Teufelsklaue“ merkt man leider, dass Raven mit Parkinson niemanden an seiner Seite hatte, der ihn hätte führen können. Zwar kann man Raven ein gewissen Charisma und einnehmende Präsenz nicht absprechen, doch Parkinson weiß nicht viel mit ihm anzufangen und lässt ihn wie eine laienhafte Mischung aus Bela Lugosi und Christopher Lee erscheinen.

„So incoherent that it comes across as a Dada nightmare“ trifft es sehr gut. Der englische Film kann seine Low-Budget-Herkunft und die Unerfahrenheit des Regisseurs zu keiner Sekunde verleugnen und wirkt wie das Werk eines engagierten Amateuer-Theaters. Darin liegt durchaus ein gewisser Charme. Aber auch trotz einiger stimmungsvoller Szenen und krauser Ideen, die völlig over-the-top sind, kann man hier nicht wirklich von einem guten Film sprechen.

Die filmArt-DVD kann man nur als dem Film angepasst beschreiben. Sie kommt nicht wirklich über VHS-Qualität hinaus. Das Bild ist leicht unscharf, die Konturen schwammig und die Farbe meistens eher dumpf. Netter ausgedrückt: Es besteht ein gewisser Retro-Effekt. Da man davon ausgehen kann, dass es kein anderes Master gab, ist die Entscheidung den Film lediglich auf DVD und nicht auf Blu-ray zu veröffentlichen gut nachvollziehbar. Das sieht schon sehr, sehr billig und eigentlich gar nicht nach filmArt aus. Dazu kommt noch, dass als Tonspur lediglich die deutsche Synchro vorliegt, die zwar mit bekannten Sprechern und einigen sprachlichen Kuriositäten daherkommt, allerdings auch nicht recht zu überzeugen weiß. Wer die englische Tonspur hören möchte, muss auf die als Extra enthaltende US-Grindhouse-Fassung zurückgreifen, die zwar das scheinbar korrekte 1,33:1-Format besitzt, jedoch qualitativ noch mal einige Stufen unter der 1,66:1-Fassung der deutschen DVD steht. Schade. Dazu gibt es noch den deutschen Trailer und das war es. Ein Booklet gibt es auch nicht.

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