25. Internationales Filmfest Oldenburg: Die ersten Filme sind angekündigt

Bald ist es wieder soweit! Die Filmfestival-Saison im Norden steht vor der Tür und wie jedes Jahr ist das Internationale Filmfest in Oldenburg für mich fest gebucht. Dabei möchte ich aber auch erwähnen, dass Unabhängige Filmfest Osnabrück, die Nordischen Filmtage in Lübeck, das Internationale Filmfest Norderney/Emden und das Braunschweig International Film Festival (wo ich dieses Jahr möglicherweise das erste Mal zu Gast sein werde) ebenso empfehlenswert und familiär sind – und das ideale cineastische Nest für die, denen Hamburg zu groß und unpersönlich ist. Seit Jahren schlägt mein Herz aber ganz besonders für Oldenburg, wo ich viele schöne Stunden verbracht und immer wieder nette Menschen getroffen habe. Darum freut es mich ungemein, dass heute die ersten Programm-Highlights veröffentlicht wurden.

Die Filmbeschreibungen übernehme ich einmal 1:1 aus der Pressemitteilung und versehe sie mit meinen eigenen Anmerkungen (in kursiv)

Unforgiven, RUS 2018, von Sarik Andreasyan
Russlands Regiesuperstar Sarik Andreasyan erzählt die zutiefst traumatische, wahre Geschichte des Osseten Vitaliy Kaloev, der bei der Flugzeugkatastrophe von Überlingen seine Familie verliert. Der Schmerz darüber und die Ohnmacht angesichts der Abwesenheit von Empathie und Reue der Verantwortlichen führt in eine zweite Katastrophe. Nachdem Andreasyan mit „Guardians“ Russlands Antwort auf die Marvel Superheldenfilme auf die Leinwand gebracht hat, zeigt er sich in „Unforgiven“ als Virtuose des Schauspielerkinos ohne Scheu vor überlebensgroßen Emotionen. EUROPAPREMIERE – Klingt interessant und der russische Film war bisher in Oldenburg ziemlich unterrepräsentiert. Der Regisseur sagt mir jetzt nichts, scheint aber in Russland tatsächlich eine große Nummer zu sein, der einige erfolgreiche Unterhaltungsfilme gedreht hat. Das zugrundeliegende Drama ist mir noch sehr präsent, und ich bin gespannt, in welcher Form der Film dies aufbereitet.

The Boat, BRA 2018, von Petrus Cariry
Es scheint, als ob das Kino für solche Geschichten erfunden wurde. Mit einer visuellen Energie, die seinesgleichen sucht, erzählt der preisgekrönte brasilianische Filmemacher Petrus Cariry eine Story von archaischer Wucht. Ein Strand, ein Fischerdorf, das Meer und die Sehnsucht der jungen nach dem Unbekannten. Als ein Boot strandet und die geheimnisvolle Ana an Land gespült wird, droht
der Mikrokosmos aus Genügsamkeit, Disziplin und uneingeschränktem Zusammenhalt zu implodieren. Ein mitreißender Film voller grandioser Momente, hypnotisch und visuell berauschend. EUROPAPREMIERE – Meer, Strand, Geheimnis. Das sind Zutaten, die bei mir immer gehen. Die IMDb-Bewertung sieht auch gut aus. Der Film ist schon einmal vorgemerkt.

Angst in meinem Kopf, GER 2018, von Thomas Stiller
Die Geschichte einer Justizvollzugsbeamtin, die sich zwischen Familienleben und Job emotional verausgabt. Das Zuhause ist geprägt von Distanz und wirtschaftlichen Zwängen. Ihre Versuche, den Mangel an Empathie im Knast auszugleichen, bringen sie in eine gefährliche Schieflage zwischen falschem Vertrauen und der Sehnsucht nach menschlicher Wärme. Thomas Stiller erzählt eine Story,
die ihre Kraft ganz aus den guten Darstellern, allen voran Charly Hübner und Claudia Michelsen, und der bedrückenden Erkenntnis bezieht, dass Gefangensein keineswegs verschlossener Türen und Gitterstäbe bedarf. WELTPREMIERE – Thomas Stiller ist TV-Regisseur, der einige „Tatorte“ gedreht hat. „Angst in meinem Kopf“ ist auch ein TV-Film. Klingt thematisch interessant, ich habe bei so etwas immer etwas die (vielleicht unbegründete) Befürchtung, es wird zu brav und in TV-Optik inszeniert. Mal gucken.

All Square, USA 2018, von John Hyams
Nach einem One-Night-Stand mit einer Ex findet sich der von Michael Kelly wunderbar lakonisch verkörperte Loser John mit derem 12jährigen Spross allein zu Hause. Mehr aus schlechtem Gewissen über die seltsame Begegnung bietet John dem Jungen an, ihn zum Baseballspiel zu bringen. Die beiden freunden sich an und John kommt die glorreiche Idee, Wetten auf Minor League Spiele anzubieten. Was als Goldgrube beginnt, bringt schnell das ganze Städtchen ins Taumeln. Actionregisseur John Hyams wechselt mit leichter Hand ins Kömodienfach und gewann beim SXSW Festival direkt den Publikumspreis. DEUTSCHLANDPREMIERE – Holla: John Hyams! Sohn des großen Peters! In meiner Filterblase als Erneuerer des intelligenten und archaischen Actionfilms vergöttert. Da ist es sehr spannend, ob er auch Komödie kann. Würde ich einen Blick wagen. Vielleicht erneuert er das Genre Komödie ja genauso radikal, wie den Actionfilm.

Temporary Difficulties, RUS 2018, von Mikhail Raskhodnikov
Basierend auf wahren Begebenheiten erzählt „Temporary Difficulties“ die Geschichte eines mit Kinderlähmung geborenen Jungen, der sich allen Nachteilen zum Trotz zu weltweiter Anerkennung erhebt. Kraftvoll angetrieben durch den russischen Star Rinal Kovalev und dessen eindringliche Darbietung des Vaters markiert dieser zweite Spielfilm von Autor/Regisseur Mikhail Rashodikov den Anbeginn einer neuen Stimme und Stärke im unabhängigen Kino. Herzzerreißend und inspirierend –dieses authentische Porträt des Überlebens ist eine Liebeserklärung an das Leben. INTERNATIONALE PREMIERE – Oha, noch ein russischer Film. „Herzzerreißend“ warnt mich eigentlich vor a) Kitsch und b) Tränendüse. Andererseits kann es aber auch ein sehr positiver und inspirierender Film sein. Und mich würde auch interessieren, wie solch ein Stoff in Russland umgesetzt wird. Mal im Auge behalten.

IVAN, SVN 2017, von Janez Burger
Aus Slovenien kommt ein ehrliches sowie brutales Portät von Liebe, Mutterschaft und Leben. Die mit dem EFP Shooting Star ausgezeichnete Marusa Majer fesselt das Publikum mit ihrer Darstellung Maras, einer blauäugigen und frischgebackenen Mutter, die wie besessen von Rok, einem verheirateten Geschäftsmann und Vater ihres Neugeborenen Ivan, ist. Gefangen zwischen zwei Fronten, befindet sie sich in einer unerträglichen Situation: Sie muss sich zwischen ihrem Kind und der Liebe ihres Lebens entscheiden. DEUTSCHLANDPREMIERE – Slowenien ist als Filmland prinzipiell sehr interessant. Beim Thema muss ich allerdings mal gucken. Geschichten mit Kinder wo es heißt „sie muss sich zwischen ihrem Kind und der Liebe ihres Lebens entscheiden“ sind nichts für einen Familienmenschen wie mich. Um ehrlich zu sein, beim lesen der Inhaltsangabe nervt mich die Mara schon jetzt.

Mandy, USA 18, von Panos Cosmatos
Pazifischer Nordwesten. 1983. Außenseiter Red Miller, gespielt von Oscar-Gewinner und Oldenburger Star of Excellence-Empfänger Nicolas Cage, führt ein liebevolles und friedliches Leben mit seiner Partnerin Mandy Bloom (Amanda Riseborough). Doch als ihr idyllisches Dasein brutal durch eine Sekte und dessen sadistischer Anführer Jeremiah Sand zerstört wird, bleibt Red nichts anderes übrig als sich auf einen albtraumhaften, blutigen und feurigen Rachefeldzug zu begeben. Schon in Sundance gefeiert, ist dies der gewagteste und spannendste Genre-Film des Jahres. – Eigentlich ein absolutes Muss, vor allem da mit Cosmatos „Beyond the Black Rainbow“ schon öfter sehr ans Herz gelegt wurde, Andererseits läuft der später auch noch zu anderen Gelegenheiten. Daher mal schauen, wie es passt.

Write When You Get Work, USA 2018, von Stacy Cochran
Als sie 10 Jahre nach der gemeinsamen Highschool Romanze wieder Kontakt zueinander aufnehmen, liegen zwischen Ruth Duffy und Jonny Collins, gespielt von den aufstrebenden Stars Finn Wittrock („The Big Short“, „Unbroken“) und Rachel Keller („Fargo“), Welten. Jonny, völlig von Ruth eingenommen, beginnt ihr Leben zu infiltrieren auf der Suche nach Liebe und Profit. Die Geschichte der bereits mit dem Oldenburger Tribute geehrten Stacey Cochran erzählt von Geld, Unheil und Ansprüchen, wurde von Oscar-Gewinner Robert Elswit gefilmt und sollte absolute nicht verpasst werden. INTERNATIONALE PREMIERE – Kann was sein, kann nichts sein. Kann ich aufgrund der Inhaltsangabe nicht so recht beurteilen. Mal vorsichtig vormerken.

Ray Meets Helen, USA 2017, von Alan Rudolph
15 Jahre nach seinem letzten Film kehrt der Regisseur von jungen Klassikern wie „Chose me – sag Ja“ oder „Trouble in Mind“, Alan Rudolph, mit einem neuen Film auf die Leinwand zurück. Mit Sondra Locke und seinem Lieblingsdarsteller, dem Oscarpreisträger Keith Carradine, hochkarätig besetzt, erzählt er die Geschichte des ehemaligen Boxers Ray und der einsamen Helen, die beide ihren verlorenen Träumen hinterher jagen. Die New York Times feierte Rudolphs Rückkehr auf die Leinwand als „wunderbar, magisch menschlich“ und bescheinigte Rudolphs Filme eine „wehmütige Raffinesse, die aus dem heutigen Kino fast völlig verschwunden ist“. EUROPAPREMIERE – Die ganz junge Sondra Locke – Eastwoods Muse in den 70ern und frühen 80ern – habe ich gerade in „Willard“ gesehen. Und noch gedacht: Lange nichts gehört. Könnte schlimmer Kitsch sein oder so ein Film, der sich unverfroren an das Publikum ran schleimt. Danach klingen die Zitate. Und die IMDB-Beweetung. Andererseits Keith Carradine und Sondra Locke würde ich ja schon gerne sehen.

The Private Life of a Modern Woman, USA 2017, von James Toback
Am Anfang steht Hieronymus Boschs „Garten der Lüste“, das als Triptychon die Wand von Vera Lockmans hippen New Yorker Loft schmückt. Und ein Traum, aus dem Vera hofft, gerade erwacht zu sein. Im Laufe des Films wird diese Hoffnung ein ums andere Mal hinterfragt. Hat sie ihren Ex im Handgemenge mit seiner eigenen Pistole erschossen? James Toback variiert Themen seines Schaffens und wieder setzt er sehr sensibel eine Frauenfigur in das Zentrum des Geschehens. Der Film gehört ganz und gar der großartigen Sienna Miller, neben ihr beindrucken Alec Baldwin und Charles Grodin mit intensiven Momenten. DEUTSCHLANDPREMIERE – Ach Du Kacke, James Toback. Schwieriges Thema mit diesem Menschen. Ich hoffe, der taucht nicht in Oldenburg auf. Mehr über den feinen Herren hier: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/sexuelle-belaestigung-mehr-als-200-vorwuerfe-gegen-james-toback-15265772.html und hier: https://www.hollywoodreporter.com/heat-vision/guardians-galaxy-director-james-gunn-says-he-tried-warn-people-james-toback-1051047

Holiday, DEN/ TUR 2018, von Isabella Eklöf
In der Urlaubsvilla ihres Freundes, ein berüchtigter Drogenbaron, taucht Sascha, jung und wunderschön, in den wilden Strudel aus Luxus, Spaß und Losgelöstheit ein. Trotz hedonistischen Taumels offenbart sich der brutale Schmerz und sie muss erschreckend feststellen, dass alles seinen Preis hat. In ihrem bereits in Sundance gefeierten Spielfilmdebüt kreiert Isabella Eklöf sonnendurchflutete Bilder von eisiger Kälte und hinterlässt den Zuschauer mit einem unbehaglichen Staunen. DEUTSCHLANDPREMIERE – Klingt erst einmal interessant, kann aber auch sehr nervig sein, wenn sich die Hauptfigur als nervende Göre (immerhin ist sie wissentlich mit einem Drogenbaron zusammen und findet das scheinbar ganz, ganz toll) entpuppen sollte. Hedonistischer Rausch klingt aber irgendwie auch wie ein Klaus-Lemke-Film. In der IMDb steht noch was von „Triangle“, was auch Noir-mäßig sein könnte. Ich weiß noch nicht…

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