Mein ganz persönlicher Jahresrückblick 2017

Seitdem ich meinen Blog vor nunmehr neun Jahren begann, pflege ich die Gewohnheit, das (Schreib)Jahr mit einem Rückblick auf die letzten 12 Monate zu beschließen. Dies soll auch diesmal der Fall sein. Es gibt mir nämlich die schöne Gelegenheit, das Jahr auch für mich selber Revue passieren zu lassen. Ich kann mich dabei an Dinge zu erinnern, die ich fast schon wieder vergessen hätte, aber auch schauen, was ich mir 2016 für 2017 vorgenommen hatte – und was ich letztendlich davon umgesetzt habe. Was ich mir damals vom neuen Jahr gewünscht habe, und wie es wirklich gekommen ist.

Alles zusammengenommen, war 2017 ein recht durchschnittliches Jahr ohne besondere Höhepunkte. Was keine so schlechte Meldung ist, denn besondere Tiefpunkte, wie ganz besonders in 2015 und teilweise auch in 2016, bleiben erfreulicherweise aus. Die Sorgen sind zwar nicht weniger geworden, aber die Familie ist gesund und die Existenzängste verlaufen in ganz normalen Bahnen.

Schaue ich zurück auf das, was ich im letzten Jahr an dieser Stelle schrieb, so ist aus den ganzen guten Vorsätzen wenig geworden. Immerhin, das Booklet für „Die toten Augen des Dr. Dracula“ ist tatsächlich erschienen und erfüllt mich noch immer mit gewissen Stolz. Da hätte sich gerne noch mehr draus entwickeln können, tat es dann aber nicht. Aber vielleicht liest hier ja jemand mit, der einen Autoren für das Booklet einer anstehenden Veröffentlichung sucht. Ich stände bereit. A

us dem Buchprojekt, welches ich Ende 2016 wieder angeschoben hatte, wurde auch nichts. Was daran liegt, dass sich der von mir ausgeguckte Partner als ausgesprochen unzuverlässig herausgestellt hat, und ich dann irgendwann auch keine Lust mehr verspürte, da hinterherzulaufen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben und ich habe mittlerweile jemand anderen gefunden, der Lust und Interesse hätte. Ich denke mal, da passiert dann in 2018 etwas. Gehofft hatte ich auch, dass das Fulci-Buch, für das ich 2014 (!) zwei Artikel geschrieben hatte, irgendwann erscheint. 2017 ist man als Autor weiter vertröstet worden, aber ich hege nicht allzu viel Hoffnung, dass da nächstes Jahr endlich irgendwas passiert. Dafür scheint mir, nach allem was man so inoffiziell hört, die Situation hinter den Kulissen zu verfahren.

Mit einer Enttäuschung begann das Jahr auch für die Kinoreihe Weird Xperience, die ich mit meinem tollen Kompagnon Stefan mache. Ende letzten Jahres schrieb ich noch: „So wird es im ersten Halbjahr drei Kooperationen geben“. Davon fielen die ersten beiden ins Wasser. Was aber nicht unseren Kooperations-Partnern, sondern unserer damaligen Heimat, der etage3 lag, die unsere Termine – ohne uns Bescheid zu geben – anderweitig vergab. Ganz schlimm war es dann im März, als wir einmal zusammen mit den tollen Leuten von „Unknown Pleasures“ eine kombinierte Filmvorstellung/Partynacht geplant hatten und nur wenige Stunden (!) vor Veranstaltungsbeginn alles absagen mussten. Bezüglich der Gründe, will ich hier keine schmutzige Wäsche waschen und mit dem Finger auf andere zeigen. Uns hat das Ganze zumindest so sehr geärgert und frustriert, dass wir der etage3, wo wir uns immer so wohl gefühlt hatten, den Rücken kehrten. Immerhin waren wir im Mai noch in der Schwankhalle zu Gast, wo wir ein kleiner Teile des wunderbaren A.r.G.da.Na.ni.-Projekts des Filmemachers und Künstlers Jan van Hassel sein durften. Und im Juni gab es wieder zwei Termine bei unserem sehr netten und sympathischen Gastgeber Olli vom Open-Air-Kino am Schlachthof. Leider spielte dieses Jahr erstmals das Wetter so gar nicht mit, was nicht nur zu einigen kurzfristigen Verschiebungen, sondern dadurch bedingt auch relativ wenige Zuschauer führt. Spaß gemacht hat es aber trotzdem wieder, auch weil wir dort immer so nett aufgenommen werden. Nach diesem turbulenten Jahresbeginn, haben wir seit September eine neue Heimat im ältesten Programmkino Deutschlands, dem Cinema im Ostertor gefunden. Endlich zurück in einem richtigen Kino! Aber auch mit dem Druck, eine vernünftige Anzahl Zuschauer zu liefern. Was uns leider nicht wirklich gelang. Argentos „Opera“ und der Anime-Klassiker „Perfect Blue“ blieben hier unter den Erwartungen, der für das Cinema eigentlich perfekt passende „Eyes of My Mother“ erwies sich sogar als desaströs. Und als wir im Dezember mit Julia Ostertag einen sehr engagierten Gast hatten und Werbung wie noch nie für ihren Film „Dark Circus“ gemacht haben – schlug das Wetter zu und lies Bremen in einem Schneetreiben untergehen. Trotzdem war die Vorstellung recht gut besucht (für die äußeren Bedingungen sogar sehr gut), aber ohne die Wetterkapriolen hätten wir sicher nochmal deutlich mehr Zuschauer gehabt. Trotzdem gehen wir 2018 in die Verlängerung und werden noch einmal drei Monate lang die Möglichkeit haben zu beweisen, dass es möglich ist, in Bremen ein „anderes Kino“ zu machen. Ich hoffe sehr, dies wird vom Publikum honoriert.

Schön war es, dass ich im Juni endlich mal einige Kollegen aus der 35-Millimeter-Redaktion, sowie unseren neuen Chefredakteur Clemens kennenlernen konnte. Auch die Kinobesuche in Hamburg zu „Monster machen mobil“ und ganz besonders „Hard-Boiled“ habe ich sehr genossen. Die cineastischen Highlights waren auch in diesem Jahr wieder das Filmfest in Oldenburg, welches ich diesmal erstmals drei Tage lang besuchte und das mich mit einer gut bis sehr gut kuratierten Filmauswahl beglückte, und das unglaublich tolle Deliria-Italiano-Forentreffen in München, wo die Bande liebgewonnener Gesichter das legendäre Werkstattkino heimsuchte. Ich finde es noch immer unglaublich, wieviel Euphorie und familiäre Herzlichkeit bei diesen Treffen herrscht, obwohl doch so viele unterschiedliche Menschen da zusammenkommen, die sonst – bis auf die gemeinsame Filmleidenschaft – kaum oder keine Verbindungen haben. Doch für drei Tage fühlt man sich trotzdem unter Freunden und vermisst diese dann auch ganz schrecklich, wenn es wieder gen Heimat geht. Mit „regulären“ Kinobesuchen jenseits dieser Events und unserer eigenen Reihe sah es allerdings noch finsterer aus als im Vorjahr. Gerade einmal habe ich es einfach mal so ins Kino geschafft.

Der generelle Filmkonsum ist auch wieder deutlich runtergegangen. Zwar nicht auf die 132 Filme aus 2014, aber 136 ist sicherlich die zweitniedrigste Wert seit 35 Jahren. Was aber auch dran lag, dass ich die Zeit anderweitig genutzt habe, um Anfang des Jahres noch einmal die ersten beiden Staffeln von „Twin Peaks“ zu schauen und dann die phantastische dritte Staffel zu sehen, welche es locker auf Platz 1 meiner Top10-Liste schaffen würde – wäre es ein Film und nicht (nominell) eine TV-Serie. Vielleicht das Beste, was ich je in diesem Format gesehen habe. Da ich jetzt Prime habe, habe ich auch „American Gods“ geguckt (fand ich ganz gut) und noch so ein bisschen hier und dort. Und die alten „Der Fahnder“-Folgen habe ich auch immer wieder gerne mal reingeworfen. Da ich in der Zeit nicht gleichzeitig Filme gucken konnte, ist es also kein Wunder, dass der Konsum nach unten zeigt.

Komme ich zu meinem Blog, der teilweise wie ein Mühlstein um meinen Hals baumelte. Der selbstauferlegte Zwang eine wöchentliche Rubrik (Das Bloggen der Anderen) zu füllen, kann manchmal schon zu Ermüdungserscheinungen führen. Insbesondere, wenn gleichzeitig noch die Deadline für die nächste Ausgabe des 35-Millimeter-Retrofilm-Magazins ansteht und Werbung/Organisatorisches für Weird Xperience erledigt werden muss. Mehr als einmal hatte ich dieses Jahr das Gefühl, dass ich da irgendwo mal dringend kürzer treten muss. Aber am Ende wüsste ich nicht wo, da mir alles am Herzen liegt. Am meisten leidet wohl das Blog darunter, obwohl ich im Zeitraum Januar bis November 100 Artikel veröffentlicht habe. Das sind 5 mehr als im Vorjahr (wo es aber auch immer wieder größere Pausen gab). Zu vielem, was ich mir vorgenommen hatte, bin ich dann auch einfach nicht gekommen. Hier wäre gewiss mehr möglich, aber das würde auch bedeuten, dass meine anderen Aktivitäten (und am Ende auch die Familie) darunter leiden würde. Eine Zwickmühle.

Die Entwicklung der Besucherzahlen trugen aber auch nicht dazu bei, mich zu euphorisieren und motivieren. Zwar kann ich keinen Vergleich zum Vorjahr ziehen, da Google Analytics ordentlich an seiner Erfassung gedreht hat und die Google-Bildersuche nicht mehr auf eine Seite, sondern erst einmal auf das eigenen Google-System verweist. Das hatte für mich zur Folge, dass ich von einem Tag auf den anderen dauerhaft 2/3 weniger Besucher hatte. Okay, die neuen, niedrigeren Zahlen sind realistischer und geben mehr Auskunft, wer sich eigentlich für meine geschriebenen Inhalte interessiert, da die „Bildersucher“ rausfliegen… aber die nackten Zahlen, die jetzt nur noch selten am Tag dreistellig sind, machen es einem auch nicht einfacher, sich immer wieder aufzuraffen, um etwas zu schreiben. Mal schauen, wie das nächstes Jahr wird, wenn ich wahrscheinlich noch weniger Zeit habe. Irgendwie muss ich diese dann einfach besser verteilen und akzeptieren, dass mal die eine oder andere Sache liegen bleibt.

Meine Liste mit aktuellen Filmen ist extrem kläglich. Was daran lag, dass ich es weder ins Kino geschafft, noch mich wirklich um Bemusterungen für Rezensionen gekümmert habe (und bei Splendid scheinbar auf die schwarze Liste gerutscht bin. Vielleicht war ich denen ja zu kritisch). Meine zusammengefassten Top 10 (wie in den Vorjahren brauche ich schon zwei Jahre, um auf etwas Masse zu komme) spiegelt schon fast alle Filme wider, die ich aus dem entsprechenden Zeitraum gesehen habe. Spannender waren da schon die „Klassiker“, welche ich 2017 zum ersten Mal sah. Hier fiel es mir extrem schwer, mich auf nur 10 zu beschränken. Auf Platz 10 hätten ebenso gut auch „Laurin“ von Robert Sigl, „Perfect Blue“ von Satoshi Kon, „Island of Lost Souls“ von Erle C. Kenton oder „Endstation Schafott“ von José Giovanni stehen können. Auf eine „Worst-of“-Tabelle verzichtete ich wieder.

Top 10 aktuelle Filme (Produktionsjahr 2016/2017)

1. The Neon Demon (Nicolas Winding Refn, 2016)
2. Outrage Coda (Takeshi Kitano, 2017) – meine Besprechung
3. Fashionista (Simon Rumley, 2017) – meine Besprechung
4. Spit’n’Split (Jérôme Vandewattyne, 2017) – meine Besprechung
5. The Eyes of My Mother (Nicolas Pesce, 2016) – meine Besprechung
6. In the Flesh (Kong Pahurak, 2017) – meine Besprechung
7. The Beatles: Eight Days a Week – The Touring Years (Ron Howard, 2016)
8. Midnighters (Julius Ramsay, 2017) – meine Besprechung
9. Maze (Stephen Burke, 2017) – meine Besprechung
10. Dark Circus (Julia Ostertag, 2016)

Top 10 ältere Filme (nur Erstsichtungen)

1. Ermittlungen gegen einen über jeden Verdacht erhabenen Bürger (Elio Petri, 1970)
2. Marketa Lazarová (Frantisek Vlácil, 1967) – meine Besprechung
3. Under the Skin (Jonathan Glazer, 2013)
4. The VVitch: A New-England Folktale (Robert Eggers, 2015)
5. Sennentuntschi (Michael Steiner, 2010)
6. San Babila, 20 Uhr: Ein sinnloses Verbrechen (Carlo Lizzani, 1976)
7. Mörderland (Alberto Rodríguez, 2014)
8. Mädchen mit Gewalt (Roger Fritz, 1970)
9. Geständnisse (Tetsuya Nakashima, 2010)
10. Alice (Jan Svankmajer, 1988)

Das war es nun für 2017. Ich wünsche allen meinen Lesern ein frohes Fest und einen guten Rutsch ins neue Jahr! Wir lesen/sehen uns wieder in 2018!

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1 Antwort zu Mein ganz persönlicher Jahresrückblick 2017

  1. totalschaden sagt:

    Hey Marco,

    gerade, da sich die Problemchen und Mühen, die du jedes Jahr in deinem Rückblick skizzierst, doch immer wieder etwas gleichen, ist es schön zu sehen, dass du trotzdem beständig weiter bei der Sache bleibst.
    Ich jedenfalls besuche deinen Blog nahezu täglich und freue mich über jeden neuen Artikel. Gerade in Anbetracht von Blogs voller Sponsorenposts und Leutchen, die sich selbst und ihr Geschreibsel einfach viel zu wichtig nehmen, ist es eine Wohltat, deine offenen und immer wieder angenehm persönlichen Texte zu lesen.

    Danke!
    Weiter so!

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