Blu-ray Rezension: „Mutant – Das Grauen im All“

Mike Colby (Jesse Vint) hat auf dem Heimweg zur Erde die letzten Jahre in einem kryonischen Schlaf verbracht. Als sein Raumschiff von Piraten angergriffen wird, weckt ihn seine Roboter SAM-104. Doch erfolgreicher Schlacht, kann Colby seinen Heimflug nicht fortsetzen, sondern bekommt von der Föderation den Auftrag, zu einer Forschungsstation auf dem Planeten Xarbia zu reisen. Dort scheint ein Experiment aus dem Ruder gelaufen zu sein. Bei seiner Ankunft wird er von Dr. Barbara Glaser (June Chadwick) und Dr. Gordon Hauser (Linden Chiles) empfangen, die ihm das Subjekt 20 zeigen. Dieses hat alle Forschungstiere auf der Station getötet und sich dann in einer Art Kokon eingesponnen. Während Colby noch mit den Wissenschaftlern berät, wie weiter vorgegangen werden soll, schlüpft das Subjekt 20 aus seinem Kokon und fordert ein erstes menschliches Opfer…

Als Ridley Scott 1979 seinen großen SF-Horror-Klassiker „Alien“ drehte, muss der Film wie eine Offenbarung für unzählige Filmemacher und Produzenten gewirkt haben. Besonders für die, welche zwar gerne einen Horrorfilm drehen wollten, aber dafür leider nicht das nötige Kleingeld in der Kasse hatten oder nicht in die Hand nehmen wollten. Ein übersichtlicher, geschlossener Schauplatz, eine überschaubare Gruppe von Menschen und ein Monster, dass gerne im Dunkeln lauerte. Fertig war das Rezept für die preisgünstigen SF-Schocker, welche in den folgenden Jahren den Markt und die unteren Videotheken-Regale überschwemmen sollten. Und bald schon wurden unbekannte Schauspieler – und noch lieber Schauspielerinnen – durch die schier unendlichen Gänge von Raumschiffen, unterirdischen Laboratorien, Bergstollen, Lagerhäusern oder eben – wie im vorliegenden Falle – Raumstationen gehetzt.

Dass ein gewiefter Pfennigfuchser wie Roger Corman nicht lange warten würde, bis er die Erfolgsformel aufgriff, ist klar. Als aus einer anderen Produktion (den etwas bekannteren „Planet des Schreckens“) am Wochenende noch einige Kulissen ungenutzt herumstanden, schickte er den Cutter Allan Holzman los, um darin einfach mal einige Szenen zu drehen. Das Drehbuch, in die diese Szenen passen sollten, wurde dann später geschrieben. Warum auch nicht? „Mutant – Das Grauen im All“ ist ein Paradebeispiel dafür, wie Corman vorging. Er ergriff eine Möglichkeit beim Schopfe und ließ dann junge, hungrige Filmemacher von der Leine, die dafür brannten, endlich selber einen eigenen Film zu drehen. Diesen Enthusiasmus atmet „Mutant“ zu jeder Sekunde. Da ist nicht alles perfekt, aber charmant. Manches würden böse Zeitgenossen als „Trash“, andere eben als „großen Spaß“ bezeichnen. Das Monster sieht zwar aus, wie eine Aubergine mit Zähnen, aber es hat Charakter. Die Effekte sind plakativ, aber man merkt den Spaß, den die großen Jungs am herum sauen hatten.

„Mutant“ bringt alles mit, um Vorurteile gegenüber Low-Budget-Horror zu bestätigen. Es gibt viele vollkommen unnötige Nacktszenen mit den attraktiven Schauspielerinnen. Ja, aber weshalb soll man sich nicht gerade gegenseitig unter der Dusche einseifen, wenn man darüber diskutiert, wie das Monster zur Strecke gebracht werden soll? Die Vermutung liegt nahe, dass gerade diese Szene auf dem Mist von C-Autor Jim Wynorski gewachsen ist. Aber das ist eben nur eine – wenn auch naheliegende – Vermutung. Nein, die Handlungen der Figuren bestechen nicht gerade durch besondere Klugheit. Da wird der Kopf eben in den Brutkasten der mutierten Lebensform gehalten, sich mit offenen Armen und seligem Lächeln der Kreatur, die gerade die Hälfte der Filmbesetzung gekillt hat, entgegengegangen („Es braucht doch nur Liebe“) und generell mit Dingen herum gefummelt, die jeden vernünftig denkenden Menschen dazu bringen würden, die eigenen Beine in die Hand zu nehmen – und nicht irgendwelche fremden Leichenteile. „Mutant“ ist eben nicht „Alien“ und das wird zu keiner Sekunde versteckt – auch wenn das große Vorbild über allem schwebt.

Gleich in den ersten 30 Sekunden schafft es Allan Holzman mit „Alien“, „Krieg der Sterne“ und „2001“ gleich drei Klassiker zu zitieren. Allerdings nicht als großes Staatstheater, sondern als mehr schlecht als recht zusammengezimmertes Theaterstadl. Hauptdarsteller Jesse Vint, ein verdienter TV-Veteran, ist dann auch kein strahlender Held, sondern eher ein solider Handwerker. Vint führt die eher unbekannte Darstellerriege an. Am ehesten kennt man noch June Chadwick, die kurze Zeit später als außerirdische Invasorin Lydia in der TV-Serie „V – Die Außerirdischen Besucher kommen“ zu kurzer Bekanntheit kam. Mit fast 50 Jahren gibt Fox Harris sein Leinwand-Debüt und scheint alles, was er zuvor versäumt hatte, in einem Rutsch nachholen zu wollen. Seine extrem physisch, verschwitzt, überlebensgroße Darstellung eines der Wissenschaftler ist ein Highlight des Filmes. Er blieb bis an sein viel zu frühen Lebensende 1988 dem Genre treu und war sogar bei zwei Filmen von Alex Cox dabei.

„Mutant“ ist ein sehr preisgünstiges „Alien“-Rip-Off und täuscht auch nicht eine Sekunde lang vor, mehr sein wollen. Das im Grunde dünne Süppchen wird mit viel Blut, Schleim und Sex angedickt und ergibt so ein ausgesprochen schmackhaftes Fast-Food-Gericht für Zwischendurch, das man ohne Reue verdrücken kann.

Die Blu-ray von „Mutant – Das Grauen im All“ ist das Debüt einer neuen Reihe aus dem wundervollen Hause Anolis. Hier werden in Zukunft acht weitere „Phantastische Filmklassiker“ – so der Name der Reihe – erscheinen. Mit „Geheimagent Barrett greift ein“ und „Willard“ stehen auch schon zwei weitere Titel fest. Und wenn die weiteren Veröffentlichungen den hohen Standard halten, den „Mutant“ gesetzt hat, darf man jetzt schon frohlocken. Das Bild ist sehr gut und sieht nach echtem Kino, und nicht seelenlos gefiltertem Video aus. Der Ton liegt im Original 2.0. Mono vor. Auch hier wurde nicht versucht, etwas durch hochrechnen auf 5.1. zu „modernisieren“. Der englische Ton ist sehr gut, der deutsche fällt durch ein Zischen bei den „S“-Lauten auf. Wo Antolis wirklich ganze Arbeit und noch mehr geleistet hat, sind die Extras. Das geht schon los mit dem hervorragenden 20-seitigen Booklet mit einem Text von Ingo Strecker, reichlich wunderschönem Bildmaterial, sowie zwei Seiten genaue Produktionsdaten. Vom Film bekommt man drei Fassungen: Die US-Version mit 77 Minuten, die vom deutschen Verleih leicht verlängerte 82-minütige deutsche Kinofassung und den Director’s Cut. Das Master dieser Fassung stammt von einer privaten VHS des Regisseurs, hat eine dementsprechende Qualität und liegt daher nur als DVD bei. Dafür glänzt sie aber mit einem eigens für diese Fassung von Regisseur Allan Holzman eingesprochenen Audiokommentar. Die weiteren Extras stammen größtenteils von der 2010 erschienenen US-Blu-ray von Shout Factory. Hier gibt es ein sehr informatives, mehr als halbstündiges Making-Of zu sehen. Ferner ein Interview mit Special-Effects-Mann John Carl Buechler und ein 5-minütiges Interview mit Roger Corman. Natürlich gibt es auch noch Kinotrailer, Werberatschläge und Bildergalerien, sowie einen Audiokommentar mit Ingo Strecker und Pelle Felsch zur deutschen Kinofassung. Toll, toll, toll.

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