DVD-Rezension: „The Returned“

returnedOhne Vorwarnung oder Erklärung kehren die Toten plötzlich ins Leben zurück. Sie wollen ihren alten Platz in der Gesellschaft wieder einnehmen, doch die Lebenden wissen nicht, wie sie darauf reagieren sollen. Manche nehmen ihre Verstorben mit offenen Armen auf, anderen reagieren mit offener Feindseligkeit. Ihnen gemein ist die Verwirrung, diejenigen, um die sie getrauert haben, plötzlich wieder vor sich zu sehen. Unter denjenigen, die zurückkehrten ist die Frau des Bürgermeisters (Catherine Samie), der 6-jährige Sylvain (Saady Delas), der von seinen Eltern Isham (Djemel Barek) and Véronique (Marie Matheron) wieder aufgenommen wird und Mathieu (Jonathan Zaccaï), dessen Frau Rachel (Géraldine Pailhas) damit hadert, ihn wiederzusehen…

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The Returned“ besitzt eine der schönsten, unheimlichsten und lyrischsten Anfänge der letzten Jahre. Durch das Tor des lokalen Friedhofs strömen Hunderte von Menschen. Desorientiert, neugierig, überrascht – aber scheinbar mit einem festen Ziel. Nichts wird erklärt, der Zuschauer wird mitten ins Geschehen hineingeworfen. Doch man ahnt sofort, was diese merkwürdige Szene bedeutet. Die Toten sind auf die Erde zurückgekehrt. Was nun der Auftakt zu einem action- und blutreichen Zombie-Slasher sein könnte, entpuppt sich als exaktes Gegenteil. Obwohl „The Returned“ gerne dem Zombie-Subgenre zugerechnet wird, führt diese engstirnige Kategorisierung doch in die Irre. Ja, „The Returned“ ist ein Wiedergänger-Film, doch mehr dem Geisterfilm, denn dem Zombiefilm nahe. Oder doch wieder nicht? Es ist der große Verdienst des Regisseurs Robin Campillo und seiner Co-Drehbuchautorin Brigitte Tijou sich jeder einfachen Schublade zu entziehen und etwas Neues zu erschaffen. Eine Allegorie, die gerade in Zeiten, in denen sich manche vom „Fremdartigen überschwemmt und bedroht“ fühlen, hochaktuell ist.

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Die spannende Prämisse des Filmes, dass die Toten plötzlich auf die Erde zurückkehren und ganz selbstverständlich ihren alten Platz in der Gesellschaft zurück beanspruchen, führt zu interessanten Gedankenspielen und Szenarien, die weit über die 100 Minuten hinausgehen, die „The Returned“ dauert. Dass aus dem Film in Frankreich ein paar Jahre später eine TV-Serie entstand und diese wiederum in den USA ein Remake erfuhr (wie ich erfuhr – Danke an Paul – , wurde das gleiche Konzept bereits 2007 und und dann noch einmal 2014 für den Pilotfilm einer dann doch nicht realisierten TV-Serie namens „Babylon Fields“ verwendet), zeigt nicht nur wie faszinierend die in „The Returned“ aufgeworfenen Gedanken sind, sondern dass das Thema auch eine universelle Relevanz hat. Das Leben geht weiter und schließt die Lücken, die der Tod eines nahestehenden Menschen, eines Kollegen oder eines Freundes hinterlassen hat. Die Zeit heilt alle Wunden. Doch was, wenn die Grund für die Lücke plötzlich wieder da ist? Dann gibt es zwei Szenarien, die Campillo in ihrem Film auch beide durchspielen. Die Lücke wird schmerzhaft wieder aufgerissen oder es gelingt dem Rückkehrer nicht, seine alte Lücke zu finden, da die Wunde mittlerweile verheilt ist, neue Menschen in das Leben seiner Liebsten getreten sind oder sein Job an einen anderen weitergeben wurde.

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Hier erschüttert gerade das Schicksal einer Familie, die sich unter großen Schmerzen von ihrem tragisch verstorben, acht-jährigen Sohn verabschiedet hat. Der es irgendwie gelungen ist, ein Leben ohne das geliebte Kind zu führen. Nun ist er wieder zurück und weder Vater, noch Mutter können mit dieser Situation umgehen. Während der Vater anfängt, sich an das Kind zu klammern und es nie wieder loszulassen, erkennt die Mutter unter Tränen, dass der Junge, der zurückgekommen ist, nicht mehr der ist, der ihnen einst genommen wurde. Sie entfernt sich wieder von ihm, was den ursprünglichen Verlust nur noch schmerzlicher macht. Der Konflikt dieser Familie und die tragische Konsequenz rührt zu Tränen. Mehr noch als das Schicksal der Hauptdarstellerin, die sich daran gewöhnen muss, dass ihr Ehemann wieder da ist und sie nicht weiß, wie sie damit umgehen soll. All diese verschiedenen Geschichten hat Robin Campillo warm und nachvollziehbar inszeniert, und er konfrontieren den Zuschauer mit der Frage, ob man wirklich jemanden als Person liebt – oder nur die schönen Erinnerungen, die mit ihm assoziiert sind.

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Und natürlich weckt der Strom der Toten, der sich durch die Straßen ergießt, Assoziationen an die aktuelle Flüchtlingskrise. Insbesondere, wenn behelfsmäßige Unterkünfte in Turnhallen eingerichtet werden, stundenlange Debatten geführt werden und das Misstrauen gegenüber den Anderen steigt. Der Staat weiß nicht wie er der Situation Herr werden soll und verlegt sich zunächst auf die Überwachung der Bevölkerung, um am Ende dann zu drastischeren Maßnahmen zu greifen. „The Returned“ bietet auch keine einfache Lösung an, sondern lässt vieles im Vagen und fordert den Zuschauer auf, das Geschehen für sich einzuordnen. „The Returned“ ist der Impuls, der im Kopf seines Publikums eine größere Geschichte ins Rollen bringt und ihn zwingt sich manchmal schmerzhafte Fragen zu stellen. Kein Wunder also, dass man einige Jahre später auf die Idee kam, die Welt von „The Returned“ zum TV-Serien-Format zu erweitern.

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„The Returned“ ist eine intelligente und emotionale Variante des Wiedergänger-Films. Seine Grundidee der Rückkehrer aus dem Grab, die ihren alten Platz in der Gesellschaft einnehmen wollen und die Reaktion eben dieser Gesellschaft, regen zu den unterschiedlichsten philosophischen Gedankenspielen darüber an, was der Sinn von Leben und Tod ist.

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Die DVD von Koch Media punktet mit einem ausgezeichnetem Bild und einem sauberen Ton. Die deutsche Synchronisation klingt leider recht preisgünstig. Hier ist das französische Original mit seiner lebendigeren Sprache definitiv vorzuziehen. Allerdings gibt es für den nicht französischsprachigen Filmfreund hier ein dickes Manko. Die deutschen Untertitel bleiben nach knapp einer Stunde „hängen“. D.h. Bei jedem Dialog wird der immer gleiche deutsche Satz in den Untertiteln eingeblendet. Hier hat jemand nicht aufgepasst und man ist ohne sehr gute Französischkenntnisse gezwungen auf die deutsche Synchronfassung auszuweichen. Sehr ärgerlich. Ärgerlich ist auch das Bonusmaterial, denn bis auf einen Trailer ist hier absolut nichts zu finden.

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1 Antwort zu DVD-Rezension: „The Returned“

  1. Stepnwolf sagt:

    Ich habe die französische Serie (also bisher Staffel 1) gesehen und fand die durchaus sehr ansprechend. Den Film kenne ich nicht, aber das klingt so, als ob ich diese Lücke unbedingt mal schließen sollte.

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