Als der „consigliori“ des einflussreichen Mafiaboss Don Antonio Macaluso (Martin Balsam), Anwalt Thomas Accardo (Tomas Milian), aus dem kriminellen Milieu aussteigen will, löst er damit einen Mafiakrieg aus. Da Don Antonio seinen Ziehsohn Thomas unbehelligt ein neues Leben mit der schönen Laura (Dagmar Lassander) beginn lässt, hat Don Antonios rechte Hand Vincent Garofalo (Francisco Rabal) einen Grund gefunden, um sich gegen seinen Don zu wenden und dessen Organisation mit Duldung der anderen Familien zu vernichten. Als Don Antonio beinahe Opfer eines Attentats wird und auch Thomas nur knapp einem Anschlag entgeht, kehrt Thomas an die Seite Don Antoinis zurück, um mit Garofalo abzurechnen…
Alberto de Martino ist vielleicht der „amerikanischste“ Regisseur des italienischen Genre-Kinos. Seine Filme greifen immer nach Höherem. Er besetzt gerne US-Stars und verlegt die Handlung seiner Streifen immer wieder in die USA. Das tun andere italienische Filme zwar auch, doch die wahren Drehorte strafen sie immer wieder Lüge oder es werden nur wenige Minuten an markanten Stellen wie der Brooklyn Bridge aufgenommen, damit die Illusion der authentischen Drehorte entsteht. De Martino hat den größten Teil seines Mafia-Filmes „Im Dutzend zur Hölle“ aber tatsächlich vor Ort in Kalifornien gedreht. Die Besetzung des Filmes ist zwar überwiegend aus italienischen Produktionen bekannt, aber mit Martin Balsam hat De Martino einen bekannten Charakterdarsteller aus den USA mit der zweiten Hauptrolle betraut, den man u.a. aus Alfred Hitchcocks „Psycho“ kennt und der für seine Rolle in „Tausend Clowns“ einen Oscar gewann. Balsam hatte zwei Jahre zuvor seinen ersten Film in Italien gedreht, Damiano Damianis großartigen „Der Clan, der seine Feinde lebendig einmauert“, und Gefallen am italienischen Leben gefunden. Es sollten noch zahlreiche Italo-Produktionen folgen und Balsam verlagerte seinen Lebensmittelpunkt immer mehr in sein geliebtes Italien, wo er dann auch 1996 verstarb.
„Im Dutzend zur Hölle“ ist stark von Francis Ford Coppolas „Der Pate“ inspiriert, was man schon am Originaltitel „Il consigliori“ merkt. Im „Paten“ spielte Robert Duvall den „consigliori“ Tom Hagen, eine Rolle die ganz ähnlich angelegt ist, wie von Tomas Milian in „Im Dutzend zur Hölle“. Jemand, der nicht zur Familie gehört, aber trotzdem für den Mafia-Paten so etwas wie ein eigener Sohn ist. Ein Anwalt und brillanter Stratege, seinem Ziehvater treu ergeben. Zudem mixt das Drehbuch auch noch einiges von der Persönlichkeit des Michael Corleone in die Figur des Thomas Accardo. Beide wollen ein normales Leben führen und der Mafia-Familie den Rücken kehren. Kam Michael Corleone im „Paten“ aus dem Krieg zurück, so ist es bei Thomas Accardo das Gefängnis, wo er über sein Leben nachgedacht hat und beschloss, es in eine neue Richtung zu lenken. Die wunderbare Dagmar Lassander übernimmt dabei die Rolle, die Diane Keaton in „Der Pate“ inne hatte. Nur leider wird die gute Dagmar von de Martino ziemlich verschwendet. Nicht nur, das sie hier etwas mopsig aussieht und kaum etwas von ihrem natürlichen Charisma verbreiten kann, auch ihre Figur der Laura stark unterentwickelt. Dies fällt insbesondere bei der Abschiedsszene mit Milian ins Gewicht, welche überhastet und ohne echte Chemie zwischen den Beiden inszeniert ist.
Milian selber schlägt sich sehr gut als „consigliori“. Seine zynische, manchmal etwas zu selbstsicher wirkende Art, verleiht ihm Autorität. Auch seine Rückkehr in die Arme der Mafia ist recht überzeugend ausgefallen. Man ihm vorher sowieso nicht so recht abnehmen können, dass er tief im Herzen nicht das Leben an der Seite von Don Antonio weitaus mehr genossen hat, als jenes, welches er nun mit Laura führt. Im Grunde hegt er für seinen Ersatz-Vater Don Antonio doch weitaus tiefere Gefühle als für die, in diesem Film, doch recht fade Dagmar Lassander. So gewinnt der zuvor eher hölzern agierende Milian plötzlich an Charisma und Elan, wenn er seinem bedrohten Paten zur Seite steht, Strategien entwirft und mit der Knarre in der Hand kurzen Prozess macht. Die blutigen Actionszenen sind Alberto de Martino gut gelungen. Hier kommt der gewalttätige Wahnsinn durch, der das Genre des Polizieschi auszeichnet. Es werden keine Gefangenen gemacht und tatsächlich im Dutzend Gangster zur Hölle geschickt. Sie werden niedergemäht, in die Luft gesprengt, verbrannt und erstochen. Zwischendurch werden Autoverfolgungsjagden eingestreut und Leichen auf besonders kreative Weise entsorgt. Eine unglückliche Gestalt wird erst in ein Fass eingeschweißt und dann im Sockel einer Brücke versenkt.
Wie in „Der Pate“ wird die Mafia als große Familie mit einem strengen Ehrencodex beschrieben. Auch Don Antonios Organisation erinnert mehr an ein komplexes Familienunternehmen mit sonderbaren Geschäftsmethoden als an eine Gangsterbande. Die Gefahr für die Familie entsteht dann auch nicht durch die Polizei – welche hier kaum eine Rolle spielt – sondern durch Figuren, die die alten Methoden nicht respektieren und den Ehrencodex brechen. Waren es im Paten die Drogendealer, so ist es hier der Emporkömmling Garofalo, der sich gegen Don Antonio und den alten Stil stellt. Gerade diese Besinnen auf „alte Werte“ wird in „Im Dutzend zur Hölle“ aber große geschrieben und gerade darum hat Garofalo kein Chance, wenn sich das Kampfgebiet in die Heimat der Mafia, Sizilien, verlagert. Dort, wo der eine Don den anderen noch herzlich empfängt und Abmachungen eingehalten werden. In diesen Sizilien-Szenen gibt es dann auch ein willkommenes Wiedersehen mit so beliebten Gesichtern, wie denen von Edoardo Fajardo und Nello Pazzafini, was den Liebhaber italienischer Genrekost ebenso erfreut, wie der wunderbare Score von Riz Ortolani. Das die Geschichte sehr episodenhaft erzählt wird, kennt man ja aus diversen anderen Polizieschi und gehört fast schon zum guten Ton dieses Genres.
„Im Dutzend zur Hölle“ orientiert sich am Welterfolg „Der Pate“, ist aber trotz vieler Gemeinsamkeiten ein eigenständiges und actionbetontes Werk. Prominent besetzt weiß der Film trotz eines recht episodenhaften Drehbuchs kurzweilig zu unterhalten.
Zur DVD aus dem Hause filmArt, der No. 7 der Polizieschi-Edition, muss man leider zunächst sagen, dass Bildqualität nicht wirklich gut ausgefallen ist. Wie man im Internet lesen kann, stand hier lediglich eine Digibeta im originalen 2.35:1 Scope zur Verfügung. Das Negativ scheint verschwunden zu sein. Da es keine besseren Quellen gibt, kann man die Bildqualität akzeptieren, doch es erschreckt zunächst, auch wenn man sich mit zunehmender Spieldauer daran gewöhnt. Neben deutschen Ton ist nur die englische Tonspur mit an Bord. Eine italienische fehlt. Ferner gibt es noch eine Bildergalerie und eine Trailershow, sowie ein zwölfseitiges Booklet mit kompetent geschriebenen Texten von Ulrich Köhler und Gerald Kuklinski zum Film und de Martino.
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