DVD-Rezension: „Sabotage“

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Eine Elite-Einheit der DEA unter der Leitung von John „Breacher“ Wharton (Arnold Schwarzenegger), nehmen das Versteck eines Drogenkartells  hoch, indem auch mehrere Milliarden Dollar gelagert sind. Das Team zweigt 10 Millionen von diesem Geld ab, versteckt es in der Kanalisation und jagt den Rest in die Luft. Doch als sie das Geld aus dem Versteck holen wollen, ist es verschwunden. In der Folge gerät das Team in den Verdacht, das Geld veruntreut zu haben und wird zunächst vom Dienst suspendiert. Dabei droht das Team, welches zuvor wie eine Familie zusammengehalten hat, langsam auseinander. Dann werden plötzlich auf geheimnisvolle und grausame Weise einige Mitglieder des Teams getötet . Die Polizistin Caroline Brentwood (Olivia Williams) und ihr Partner Darius Jackson (Harold Perrineau) ermitteln und alles deutet zunächst darauf hin, dass es sich bei den Morden um ein Racheakt des Kartells handelt. Doch bald schon bemerkt sie, dass etwas nicht stimmen kann, und sieht sich gezwungen mit Breacher zusammenzuarbeiten, um die Wahrheit ans Licht zu bringen…

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Nach seiner 8-jährigen Amtszeit als Gouverneur von Kalifornien, versucht die einstige Action-Ikone Arnold Schwarzenegger wieder im Filmgeschäft Fuß zu fassen. Nach kurzen Auftritten in der „Expendables„-Serie seines Kollegen und ehemaligen Konkurrenten Sylvester Stallone, spielte er Hauptrollen in Kim Jee-woons US-Debüt „The Last Stand“ (Kritik hier) und „Escape Plan“ (an der Seite von Stallone). Richtige Hits waren Schwarzeneggers-Comeback-Filme bisher alle nicht, dürften aber ihr Geld eingespielt haben, da sie auch nicht in der A-Liga der Blockbuster angesiedelt waren. Eines muss man dem mittlerweile 67-jährigen Darsteller aber lassen. Er macht dort weiter, wo er vor 2003 aufgehört hat. Er lässt sich so besetzten, dass die Rolle zu seinen limitierten schauspielerischen Fähigkeiten passt. Wobei er seiner Figur in „Sabotage“ durchaus einige menschliche Regungen gönnt. Tränen aber, wie man sie einst bei Clint Eastwood in dessen ersten großen Alterswerk „In the Line of Fire“ gesehen hat, verkneift er sich aber weiterhin. In seinem nächsten Film wird er dann aber scheinbar einen fürsorglichen Vater spielen, dessen Tochter sich in einen Zombie verwandelt. Man darf gespannt sein.

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„Sabotage“ verfügt eigentlich über alle Zutaten, die diesen Film zum Höhepunkt des Schwarzenegger-Comebacks hätten machen können. Sein Regisseur David Ayers hat zuvor mit „Street Kings“ und vor allem „End of Watch“ bewiesen, dass ihm das Thema Polizeifilm liegt und er ein Gespür dafür hat, das Milieu realistisch und hautnah abzubilden. Dies beweist er auch in „Sabotage“. Vom Filmischen her, kann man dem Film auch nichts vorwerfen. Wenn Breachers Team in Aktion tritt, ist man als Zuschauer sehr bei den handelnden Personen, ohne dass Ayer in pseudorealistisches Kameragewackel verfällt. Die Bilder sind rau und ungeschönt, gleichzeitig aber auch von einer ästhetischen Kraft. Was die Gewalt angeht, hält sich Ayer nicht im Geringsten zurück. Dabei halten sich handgemachte Effekte und computergeneriertes Blut so gut die Waage, dass man kaum sagen kann, wann das eine, wann das andere genutzt wurde.

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Aber all die handwerklichen Fähigkeiten nutzen nichts, wenn das Drehbuch eine Katastrophe ist. Das Hauptproblem bei „Sabotage“ ist die Prämisse der Handlung, die bereits ein einziges Logikloch ist. Und zwar ein derartig großes, dass man einfach nicht an ihm vorbei sehen kann. Während eines Einsatzes stehlen Breacher und seine Männer aus einem gigantischen Geldhaufen 10 Millionen Dollar, also einen Bruchteil des dort befindlichen Geldes. Die 10 Millionen Dollar lassen sie (ungezählt) in der Kanalisation verschwinden. Danach jagen sie das restliche Geld in die Luft. Wundersamer Weise werden sie von ihren Polizeikollegen und Vorgesetzten aber plötzlich verdächtigt, genau 10 Millionen Dollar gestohlen zu haben. Abgesehen davon, dass niemand – auch Breachers Team nicht – genau wissen kann, wie viel Geld sie von dem großen Haufen abgezweigt haben (was aber noch relativ unwichtig ist) – stellt sich doch die Frage, woher zum Teufel denn bitte die Polizei wissen kann, dass von dem in die Luft gesprengten und verbrannten (!) Geld genau noch 10 Millionen fehlen? Nun könnte man diese Frage vielleicht ignorieren, wenn sie nicht so wichtig für die Handlung wäre. Die Ermittlungen gegen Breachers Team sind Teil des Motors, der die Handlung in Bewegung setzt, und sind somit nicht so einfach zu ignorieren.

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Wie unwichtig die Filmemacher die Geschichte von den gestohlenen Millionen und dem geheimnisvollen Mörder scheinbar nehmen, zeigt die lahme und gänzlich an den Haaren herbeigezogene Auflösung. Wie die Deleted Scences und das Alternative Ende zeigen, war ursprünglich ein völlig anderer Ausgang der Geschichte geplant. Dass man diesen dann so mir nichts, dir nichts gegen ein – für das Publikum als gefälliger erachtetes – Ende ausgetauscht wurde, belegt, wie egal den Produzenten (die auf die Änderungen pochten) die Geschichte, die Ayers erzählen wollte, war. Überhaupt sind die Deleted Scenes sehr aufschlussreich und zeigen, dass in „Sabotage“ ursprünglich die Figur der Polizistin Caroline viel mehr im Vordergrund stehen sollte. Was dem Film eine ganz andere Richtung gegeben hätte. Tatsächlich scheint sie in der ursprünglichen Fassung, die Hauptfigur gewesen zu sein und Breacher und sein Team nur eine große Nebenrolle eingenommen haben. Im Netz kursieren Gerüchte, dass der Director’s Cut einst 3 Stunden lang war. Das ist durchaus möglich. Die Deleted Scenes zeigen eine längere Nebenhandlung, die Carolines Charakter besser definieren und darauf hindeuten, dass diese Figur nach den Dreharbeiten soweit aus dem Film heraus geschnitten wurde, dass „Sabotage“ nun vor allen Dingen ein Arnold-Schwarzenegger-Film wurde – was dem Filmplakat die Gelegenheit gibt, grafische Gemeinsamkeiten zur actionreichen „Expendables“-Serie herzustellen, um den Film Action-Kracher ala „Phantom Kommando“ zu verkaufen. Vielleicht erklären diese massiven Eingriffe auch einige der Ungereimtheiten und merkwürdige Handlungslöcher.

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Es ist schade, dass der Film sein deutlich erkennbares Potential nicht umsetzen kann. Insbesondere, da mit der Figur der Caroline endlich mal wieder eine starke und glaubwürdige Frauenfigur geschaffen wurde, die weniger den Filmklischees, als vielmehr einer richtigen Polizistin entspricht. Auch ist es sehr angenehm, dass mit der charismatischen und überzeugend aufspielenden Olivia Williams eine bereits ältere, nicht unbedingt dem klassischen Schönheitsideal entsprechende Schauspielerin besetzt wurde. Allein ihre Darstellung ist es schon wert, sich „Sabotage“ anzusehen. Auch die Chemie zwischen ihr und ihrem von Harold Perrineau gespielten Partner stimmt. Auch Arnold Schwarzenegger weiß zu überzeugen. Nicht unbedingt durch eine differenziertes Schauspiel, als durch schiere Präsenz. Sein Breacher ist ein wahrer Fels. Das Bergmassiv Schwarzenegger droht förmlich aus dem Anzug zu platzen, den er zu Beginn des Filmes tragen muss. Seine Falten sind Gletscherspalten, die sich in sein Gesicht gefräst haben. Sogar die ungewohnten Tattoos sehen an ihm ganz natürlich aus und manchmal geschieht etwas, was bei Schwarzenegger nur sehr selten vorkommt. Der Schauspieler Schwarzenegger verschwindet hinter der Figur, die er spielt. Dann sieht man tatsächlich den ungeschlachten Breacher, und nicht einen Arnold Schwarzenegger in seiner neusten Actionrolle (wie dies es z.B. bei „The Last Stand“ der Fall ist).

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Ebenfalls recht gelungen ist die Art und Weise, wie Breachers Team in Szene gesetzt wird. Zunächst nervt noch ihre obercoole Selbstsicherheit und die dummen Sprüche, die sie wie eine Neuauflage der Space Marines in „Aliens“ wirken lässt. Doch der langsame Zerfall der eingeschworenen Familie, das aufkommende Misstrauen und die Angst sind gut inszeniert, auch wenn man festhalten muss, dass man daraus auch hätte mehr machen können. Zudem erweist sich Ayers auch als guter Thriller-Regisseur, dem es gelingt, die Spannung und Neugier ständig aufrecht zu erhalten. Umso frustrierender ist es dann, wenn die finale Auflösung völlig Banane ist und dem Film noch ein Fantasy-Ende abgeklatscht wird, welches sich stilistisch und inhaltlich stark von allem, was zuvor passierte, unterscheidet. Und welches zudem noch die Gelegenheit wahrnimmt, noch einmal einen letzten, völlig unlogischen Schlenker einzubauen. So muss man am Ende festhalten, dass „Sabotage“ seinen Namen alle Ehre macht, denn der Film wurde durch die Eingriffe der Produzenten und den halbherzigen Reparaturarbeiten tatsächlich sabotiert.

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Obwohl „Sabotage“ alle Anlangen für einen guten Actionthriller besitzt, wird dieses Potential aufgrund eines wirren, unlogischen Drehbuchs voller Handlungslöcher nicht genutzt. Was sehr schade ist, da mit Olivia Williams eine hervorragende Schauspielerin im Mittelpunkt steht, die eine interessante und erwachsene Frauenfigur verkörpert. Auch Arnold Schwarzenegger weiß in der Rolle des Teamführers zu überzeugen. Hinzu kommt eine überaus gelungene, dynamische Kameraarbeit und ein Regisseur, dessen Gespür für realistische Action und Spannung offensichtlich ist. Leider wird dies alles durch drastische Eingriffe von Seiten der Produktion, sowie von einem an den Haaren herbeigezogenen Ende sabotiert.

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Wie immer wenn Splendid eine große Hollywood-Action-Produktion mit bekannten Namen an der Hand hat, wird der Film in unzähligen Varianten veröffentlicht. Mir lag zur Rezension die ungeschnittene FSK18-DVD vor. Es gibt aber noch eine geschnittene FSK16-Version und eine Limited Uncut Version, welche sich von der FSK18 allein durch die Verpackung (Steelbook) unterscheidet. Und selbstverständlich gibt es alle drei Versionen auch als Blu-ray. Das Bild der Splendid-DVD ist ausgezeichnet und überzeugt durch kräftige, klare Farben und tiefe Schwarztöne. Auch der Ton hat eine Menge „Bums“. Hochspannend sind die Deteted Scenes (insgesamt 17 Minuten), die dem Film einen völlig anderen Schwerpunkt geben. Ebenfalls enthalten sind zwei alternative Enden, wovon das erste scheinbar die ursprünglich intendierte Fassung war, und das zweite durch kompromisslose Kaltblütigkeit überzeugt. Ferner beinhalten die Extras noch ein Making-Of (8 Minuten), eine B-Roll (6 Minuten) und diverse Interviews mit David Ayer, Arnold ‚Schwarzenegger, Sam Worthington und Terence Howard (zusammen 16 Minuten), die alle am Set aufgenommen wurden. Eine Statement von Olivia Williams fehlt leider

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