DVD-Rezension: “Silent Assassin”

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Myung-hoon (Seung Hyun Choi) ist der Sohn eines nordkoreanischen Spions, der einst einer Intrige zum Opfer fiel und in Südkorea getötet wurde. Der Vater gilt als Verräter, weshalb Myung-hoon und seine Schwester (Kim Yoo Jung) in einem Arbeitslager interniert sind. Eines Tages wird ihm durch den Geheimndienst-Offizier Moon (Jo Sung Ha) angeboten, selber als Spion für den Norden zu agieren. Sollte er seine Arbeit gut machen, würden er und seine geliebte Schwester freigelassen. Also hochtalentierte Tötungsmaschine wird Myung-hoon nach Südkorea gebracht, wo er unter dem Namen Kang Dae-ho bei einer „Schläfer“-Familie untergebracht wird. Tagsüber besucht er die Schule, in seiner Freizeit jagt er einen Attentäter, der nordkoreanische Schläfer liquidiert. An der Schule lernt er die schüchterne Lee Hye-in (Ye-ri Han) kennen, die von ihren Mitschülern regelmäßig gedemütigt wird…

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Das Thema Nord-Korea scheint in Süd-Korea gerade so brandheiß zu sein, wie noch nie. Nach „The Berlin File“ (Kritik hier) erscheint jetzt innerhalb kürzester Zeit bereits der zweite südkoreanische Film, dessen Protagonist ein Agent aus dem kommunistischen Norden ist und mit „The Suspect“ steht schon ein dritter in der Pipeline. Und wieder wird der Agent in den Machtkämpfen und Intrigen seines nordkoreanischen Geheimdienstes zerrieben. Im Gegensatz zu „The Berlin File“ spielt „Silent Assassin“ aber nicht im fernen Ausland, sondern „Zuhause“ in Südkorea. Und dass es hier um sogenannte „Schläfer“ geht, dürfte die Bedrohung durch den Norden für die Südkoreaner noch greifbarer und furchteinflößender machen. Im Gegensatz zum in Berlin gedrehten „The Berlin File“, der eine hochbudgetiertes Prestige-Projekt war, geht es in „Silent Assassin“ eine Nummer kleiner zur Sache. Was aber nicht heißen soll, dass „Silent Assassin“ schlechter wäre. Ganz im Gegenteil, durch seine exzellenten Darsteller und eine melancholische Atmosphäre des allgegenwärtigen Verrates und der Unsicherheit, ist er „The Berlin File“ sogar überlegen.

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Erst im Nachhinein habe ich erfahren, dass Hauptdarsteller Choi Seung Hyun in seinem Heimatland vor allem als Teenie-Rapper T.O.P. von der Pop-Band „Big Bang“ bekannt ist, und er bisher nur in wenigen kleinen Nebenrollen aufgefallen war. Dass Choi Seung Hyun kein gelernter Schauspieler ist, fällt aber nicht großartig auf. Zunächst ist er hier ja auch nicht besonders gefordert, denn seine Figur Ri Myung-hoon hat zunächst einmal die Aufgabe, nicht aufzufallen, weshalb Choi Seung Hyun auch kaum das Gesicht verzieht. Dies gilt für den ganzen Teil, in dem Myung-hoon im Schulumfeld agiert. Hier besteht zwar zunächst die Gefahr, dass der Film in eine High-School-Romanze kippt, aber dies wird recht souverän umschifft. Auch wenn Myung-hoons Mitschüler dem ausgelutschten Klischee der arroganten Schulschläger entsprechen. In dieser Episode bezieht der Film seine Spannung daraus, dass der durchtrainierte Myung-hoon nicht zurückschlagen kann, weil er sonst seine Tarnung gefährden würde. Also ein Handlungselement, das man z.B. aus dem Bruce-Lee-Klassiker „Die Todesfaust des Cheng Li“ kennt. Positiv fällt aber die scheue und zurückhaltende Art auf, mit der sein Co-Star Ye-ri Han die unter ihren Mitschülern leidende Lee Hye-in spielt. Dass zwischen Myung-hoon und Hye-in in der Folge immer eine respektvolle Distanz bleibt, ist eine schöne Abwechslung vom üblichen Romanzen-Allerlei. Nach 45 Minuten hat der Film dann das Thema Schule abgehakt und wendet sich wieder erwachsenen Themen zu.

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Jetzt kann Choi Seung Hyun seinem Emotionsspektrum noch um Verzweiflung, Unverständnis und Wut erweitern, und es gelingt ihm recht glaubwürdig, diese Gefühle zu transportieren. Auch Ye-ri Han, die scheinbar ebenfalls keine gelernte Schauspielerin, sondern tatsächlich Tänzerin ist, spielt ihren Part sehr überzeugend, zurückhaltend und verletzlich. Trotzdem merkt man ihrer Figur einen willensstarken Kern an. Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern stimmt und ist von einer gewissen Traurigkeit bestimmt, denn man hat nicht das Gefühl, dass die Beiden am Ende ein glückliches Leben zusammen führen könnten.

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Regie-Debütant Hong-soo Park führt sehr souverän durch den Film und findet immer wieder schöne Bilder, die die dunkle Stimmung entweder unterstreichen oder durch ihre Schönheit auflockern. Die Action-Szenen handhabt er ebenfalls ausgesprochen dynamisch, auch wenn die rasante Montage davon zeugen, dass Myung-hoons außergewöhnliches Talent für den Kampf Mann gegen Mann vor allem auf geschickte Kamerawinkel und gut platzierte Schnitte zurückzuführen ist. Vor allem gelingt es Hong-soo Park eine gewisse Grund-Melancholie durch den Film wehen zu lassen. Alle Charakter, ob gut oder böse, sind bloß Figuren auf dem Schachbrett, die jederzeit geopfert werden können und deren Schicksal in den Händen von Mächten liegt, die sie weder kennen, noch verstehen. Davon ist weder der nordkoreanische Ausbilder, der von seinen eigenen Männern ebenfalls unter enormen Druck gesetzt wird, noch der südkoreanischer Detektiv, welcher gegen sein eigenes Gewissen zum reinen Befehlsempfänger degradiert wird, ausgenommen. „Silent Assassin“ zeigt eine Welt, in der ein Mensch nichts wert ist, Loyalität reine Makulatur sind und echte Gefühle keine Chance haben.

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In seinem Regie-Debüt gelingt es Hong-soo Park den richtigen Ton zu treffen und seinen Film nicht in eine Teenie-Schmonzette abgleiten zu lassen. „Silent Assassin“ ist auf den Punkt inszeniert, vermeidet kitschige Momente und weiß in den überraschend harten Actionszenen zu überzeugen. Mit Choi Seung Hyun und Ye-ri Han stehen ihm zwei Darsteller zur Verfügung, zwischen denen die Chemie stimmt und die die melancholische Stimmung des Filmes tragen können.

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Die Splendid-DVD weiß technisch zu gefallen. Weder an Bild noch Ton ist etwas auszusetzen. Was man von den Extras allerdings nicht behaupten kann, denn bis auf einen Trailer sind keine vorhanden. Auffällig ist das extrem dunkle Cover der DVD auf dem man kaum etwas erkennen kann. Die beiden Hauptdarsteller sind noch zu erahnen, beim Titel ist das schon schwieriger. Mich würde einmal interessiere, ob das ein neuartiger Marketingtrick sein soll, um Aufmerksamkeit zu erhaschen, oder einfach ein Fehldruck vorliegt.

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