DVD-Rezension: „Rigor Mortis – Leichenstarre“

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Der ehemals beliebte Schauspieler Chin (Chin Siu-ho) hat schon lange keinen Erfolg mehr. Er zieht sich in eine kleine Wohnung in einem heruntergekommenen Wohnsilo zurück. Dort versucht er seinem Leben ein Ende zu setzen, wird von seinem Nachbarn Yau (Anthony Chan) aber in letzter Sekunde gerettet. Yau, der heute Reis verkauft, war früher Vampirjäger und in dem Hochhaus soll es schon seit langer Zeit spuken. Als der alte Onkel Tung (Richard Ng) stirbt, versucht dessen Frau ihn mit Hilfe schwarzer Magie ins Leben zurückzuholen. Dabei verwandelt sich Tung in einen Vampir. Auch die anderen Geister werden immer aktiver. Chin und Yau nehmen den Kampf auf…

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Denkt man hier in Europa an Vampire, hat man zunächst Dracula und sein Gefolge vor Augen. Aber auch in Asien gibt es Vampire. Hier sind es allerdings keine Grafen, die in den Grüften verwitterter Schlösser ihr untotes Unwesen treiben, sondern hier kommt Magie ins Spiel. Besonders gewöhnungsbedürftig ist für uns die Fortbewegungsart dieser Vampire: Sie hüpfen. Im Westen sind sie das erste Mal in dem Hammer/Shaw-Brothers-Crossover „Die sieben goldenen Vampire“ aufgetaucht. Auch wenn hier Peter Cushing abermals den Grafen Dracula zu vernichten sucht, führt ihn seine Jagd nach China, wo er nicht nur Kung-Fu-Kämpfer trifft, sondern eben auch auf hüpfende Vampire. In den 80ern war dieses Sub-Genre aufgrund der sehr erfolgreichen „Mr. Vampire“-Serie sehr populär. Der Film zog drei Fortsetzungen und unzählige Imitationen nach sich.

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Auf die „Mr. Vampire“-Filme bezieht sich auch Juno Mak mit seinem Regiedebüt „Rigor Mortis – Leichenstarre“. Für die Hauptrolle engagierter er Siu-Ho Chin, der nicht nur im ersten Teil der damalige Serie dabei war, sondern auch in vielen anderen Vampir-filmen,. Er konnte aber nie außerhalb dieser Nische den großen Durchbruch feiern. Auch Anthony Chan ist aus der „Mr. Vampire“-Serie bekannt, wo er in zwei Teilen mit von der Partie war. Eigentlich hat er sich bereits 1993 aus der Schauspielerei zurückgezogen, aber für „Rigor Mortis“ ist er noch einmal aus dem Ruhestand gekommen. Richard Ng ist ein sehr bekanntes Gesicht, wenn man sich für den Honkong-Film der 80er interessiert. Damals spielte er in zwei ausgesprochen populären Komödien-Reihen mit. Den „Lucky Stars“, um Sammo Hung und Jackie Chan, sowie der „Pom Pom“-Serie um zwei unfähige Polizisten.

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Wo sich „Rigoris Mortis“ aber von dem Vorbild deutlich unterscheidet, ist sein Humorlosigkeit. Die „Mr. Vampire“-Filme waren zwar immer gruselig, hatten neben furiosen Actionszenen, aber auch einen recht hohen Humoranteil. Diesen eliminiert Mak zugunsten einer düster, bedrückenden Stimmung. Was den Actionanteil angeht, so zieht Mak zum Finale hin zwar einige Register, doch die Action steht bei ihm nicht im Fokus, sondern ist zwangsläufige Folge der Versuche der Vampirjäger, dem Grauen Einhalt zu gebieten. Diese Szenen werden von Mak sehr kompetent umgesetzt, sind aber wie der ganze Film sehr CGI-lastig. Was allerdings nicht unangenehm auffällt, da in „Rigor Mortis“ gleich von Beginn an eine sehr künstlich erscheinende Umgebung etabliert wird, und die Fähigkeiten der Kämpfer magischen Komponenten und mitnichten jahrelangem Training geschuldet sind.

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Juno Mak verlässt sich ganz auf das beeindruckende Design seines Filmes, der durchgehend in einem alten, heruntergekommenen Wohnkomplex spielt. Die leeren Gänge, durch die eine obdachlose Mutter mit ihrem Jungen, ebenso wie eine Geisterprozession, streift, verursachen dem Zuschauer tatsächlich Unbehagen. Das verwitterte, früher vielleicht einmal moderne, heute zu einem verfallenen, grauen Betonklotz verkommene Gebäude, ist unheimlicher ist als so manches Gruselschloss. Zudem besitzt Mak ein Talent dafür, eine morbid-bedrohliche Stimmung zu zaubern. Abstriche muss man allerdings bei Drehbuch und in der Charakterzeichnung machen. Der Film erzählt im Grunde eine recht einfache Geschichte, die allerdings durch eine Vielzahl von Figuren und Episoden unnötig verkompliziert wird. Dem Film fehlt der Fokus. So verschwindet die Hauptperson plötzlich für längere Zeit aus der Handlung, weil sich dies willkürlich einer Nebenfigur zuwendet. Auch ist nie wirklich klar, was für Regeln für die Vampire und ihre Bekämpfung gelten. Dies mag beim asiatischen Publikum als Grundwissen vorausgesetzt werden, beim westlichen Publikum dürften viele Aktionen auf Unverständnis stoßen.

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Ein weiteres Problem ist die wie bereits erwähnt die Charakterisierung der handelnden Figuren. Da diese zu keinem Zeitpunkt der Handlung mit einem tieferen Hintergrund ausgefüllt werden, bleiben sie einerseits flach und an der Oberfläche, andererseits erscheinen auch ihre Handlungen zufällig und unmotiviert. Der Held will sich am Anfang erhängen, da scheinbar seine Familie starb. Mehr Hintergründe braucht man zwar für die weitere Geschichte nicht, aber es wird nie richtig klar, weshalb er sein Vorhaben nicht wiederholt und sich plötzlich anfängt, für andere Menschen zu interessieren. So bleibt die Figur blass, und wenn sie dann für einige Zeit gar nicht mehr an der Handlung teilnimmt, vermisst man ihn ebenso wenig, wie man für sie jubelt, wenn sie in den Kampf gegen den Vampir zieht. Die Figur Siu-Ho Chin (die in einem netten Twist des Drehbuchs scheinbar identisch mit ihrem gleichnamigen Darsteller sein soll) ist einem egal. Auch die obdachlose Frau und ihr weißblonder Junge fremd, da wir sie nicht wirklich kennenlernen. Und bei den Motiven, warum eine liebende Ehefrau wider besseres Wissen plötzlich zur mordlüsternden Furie wird, hält sich der Film auch nicht lange auf. Neben dieser Figur ist die des Vampirjägers sicherlich die unbefriedigte, da er einerseits nicht besonders sympathisch erscheint, trotzdem aber so etwas wie das emotionale Zentrum des Filmes darstellen soll. Spannendes Mitfiebern ist somit ausgeschlossen. Der Film funktioniert rein über die visuelle Komponente.

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Juno Mak, in seiner Heimat als Popsänger berühmt geworden und hierzulande zuvor lediglich als als verzweifelter Mörder in dem in Deutschland nur extrem verstümmelt erschienenen „Revenge: Sympathy for the Devil“ (Kritik siehe hier) aufgefallen, besitzt ein gutes Auge für Bilder, die eine dichte Atmosphäre entstehen lassen und im Kopf hängen bleiben. Vor allem gilt dies für die Szenen mit dem Vampir und den beiden dämonischen Schwestern, die scheinbar in einem Wassertank aufgenommen wurden, so dass die Bewegungen der Figuren und ihrer Kleider unnatürlich verlangsamt und fließend wirken. Auch das Make-Up des Vampires ist im guten Sinnen des Wortes schauerlich. Bei den Schwestern wirkt sich aber das zu stark eingesetzte CGI eher negativ aus. Der Film weist besonders zum Ende hin einige einiger Brutalitäten und Blutstürzen auf, die aber immer im Rahmen des Erträglichen bleiben. Trotzdem verwundert es etwa, dass der Film ein FSK16 bekommen hat. Aber dies hat Ascot scheinbar gleich korrigiert, und ein paar Trailer draufgepackt, die die DVD dann doch noch mit einer FSK18-Freigabe daherkommt. Das verkauft sich bei Horror-Filmen ja auch immer besser.

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„Rigor Mortis“ versucht das Gerne des chinesischen Vampir-Films wiederzubeleben. Im Gegensatz zu dem Ende der 80er enorm erfolgreichen „Mr. Vampir“-Filmen – mit denen er sich zahlreiche Darsteller teilt – verzichte der Film allerdings vollkommen auf Humor, sondern setzt seine Geschichte ernsthaft und finster um. Dabei lebt „Rigor Mortis“ von seiner beeindruckenden visuellen Qualität. Die Charaktere bleiben aber leider genau so flach und unpersönlich, wie die Geschichte unnötig kompliziert und teilweise undurchsichtig ist.

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Das Bild der Ascot-DVD hat gute, schwarze Farbtöne und ist sehr klar. Nur an der Schärfe hätte man noch leicht nach oben regeln können. Der Ton ist gut und weiß mit einigen kleinen Effekten zu gefallen. Das 11-minütige Making-Of ist guter Durchschnitt für solche oberflächlichen Statement-Zusammenschnitte, bringt aber auch die ein oder andere interessante Information.

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