DVD-Rezension: “Die Rückkehr der Wildgänse“

Die-Rueckkehr-Der-WildgaenseNach zehn Jahren immer noch nicht wirklich in der Heimat angekommen, erfahren die vier Vietnamveteranen Roger (Christopher Connelly), Richard (Oliver Tobias), Mark (Manfred Lehmann) und James (John Steiner) von ihrem ehemaligen Vorgesetzen, dass immer noch amerikanische Kriegsgefangene in Vietnam festgehalten werden. Die vier machen sich daraufhin auf, die Sache selber in die Hand zu nehmen, und die Gefangenen zu befreien. Dies läuft auch zunächst recht glatt, doch dann werden sie von der halben vietnamesischen Armee gehetzt…

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1978 verwirklichte der Schweizer Produzent Erwin C. Dietrich seinen Traum von einer internationalen, mit namenhaften Stars gespickten Großproduktion. Nachdem er in den späten 60ern und vor allem in den 70er Jahren hauptsächlich mit Sexfilmen sein Geld machte – und mit Jess Franco das Frauengefängnis-Genre zu neuem Leben erweckte – sollte „Die Wildgänse kommen“ mit Richard Burton, Roger Moore und vielen anderen Stars eine neue Ära einläuten. Daraus wurde dann – auch durch Streitigkeiten mit den Mitproduzenten – leider nichts. Doch Dietrich hatte ein neues Gerne für sich entdeckt, welches er dann Mitte der 80er Jahre kräftig molk: Den Söldnerfilm. Dieser wurde nach dem Abebben der Sexfilm-Welle zu seinem neuen Standbein. Co-produziert wurden diese Filme mit Italien und meistens führte Action-Spezi Antonio Margheriti, alias Anthony Dawson, Regie. „Die Rückkehr der Wildgänse“ (dessen italienischer Titel „Mission Cobra“ lautete) ist bereits der dritte Film in dieser kleinen Reihe. Die Regie übernahm ausnahmsweise Fabrizio De Angelis, besser bekannt als „Larry Ludman“, ein sehr erfolgreicher Produzent und eher mittelbegabter Regisseur. Aus den vorangegangenen Filmen wurde der junge Manfred Lehmann (hierzulande besser bekannt als „Bruce Willis‘ Stimme“) übernommen, der damit in allen vier Söldnerfilmen dabei war.

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Internationale „Starpower“ sollen der unvermeidliche Donald Pleasence als Priester in kurzen Hosen und Christopher Connelly als Anführer des Söldner-Kommandos bringen. Während Pleasence nur kurz auftaucht, um einige rassistische Äußerungen abzulassen und die vier Kumpels an die vietnamesische Grenze zu bringen, ist Connelly der eigentlich Hauptdarsteller, auch wenn er in den Credits nur an zweiter Stelle genannt wird. An erster Stelle steht der ehemalige Schweizer Musical-Star Oliver Tobias, der in der Rolle des „Burger“ in der Londoner Aufführung des Musicals „Hair“ bekannt wurde. In Milos Foremans Filmversion wird „Burger“ von Treat Williams gegeben, dem Tobias sehr ähnlich sieht. Tobias‘ Charakter heißt „Richard Wagner“ wird im Film aber nur „Rick“ gerufen. Trotz eines recht vielversprechenden Beginns, gelang Oliver Tobias nie der große Durchbruch als Schauspieler. Heute sieht man ihn vor allem in seichten deutschen TV-Produktionen, wie „Klinik unter Palmen“ oder den Rosemund-Pilcher-Verfilmungen. In „Die Rückkehr der Wildgänse“ darf er als Rick ordentlich Gas geben und wild in der Gegend rumballern. Auch in Situationen, in denen seine Kollegen ihn um mehr Zurückhaltung bitten.

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Neben offensichtlichen Vorbildern, wie „Die Wildgänse kommen“ und vor allen Dingen „Rambo 2: Der Auftrag“ und „Missing in Action„, bedient sich „Die Rückkehr der Wildgänse“ auch ganz ungeniert bei der damals ungeheuer populären TV-Serie „Das A-Team„. Connellys‘ Roger Carson erinnert an George Pepparts „Hannibal“, während Oliver Tobias Charakter deutlich an „Mad Murdrock“ angelehnt ist, und Manfred Lehmanns Mark scheinbar eine Prollversion von „Faceman“ abgeben soll. Connelly ist eigentlich auch schon viel zu alt für seinen Part. Gerade beim scharfen DVD-Bild erkennt man doch überdeutlich die Spuren des Alters ins einem Gesicht. Dass er in Vietnam an vorderster Front gekämpft haben soll, erscheint unwahrscheinlich. Aber das ist in der Filmwelt eines Italo-Söldner-Films natürlich irrelevant. Neben den Genannten schauen noch weitere, gern gesehene Gesichter vorbei. Allen voran natürlich der stoische John Steiner, der hier in einer Szene sogar seine Skimaske aus „Die letzte Rechnung schreibt der Tod“ recyceln kann. Allerdings merkt man ihm an, dass er sich nicht nur unterfordert fühlt, sondern auch keine große Lust auf den Film hatte. Ebenfalls immer wieder gern gesehen ist das Eisengesicht von Gordon Mitchell, der hier einen fiesen amerikanischen General gibt. Mitchell muss in seiner Rolle nicht viel mehr tun, als stocksteif dazustehen und böse zu gucken. Diese Aufgabe erledigt er mit Bravour und wenn Mitchell böse guckt, dann kann man es schon mal mit der Angst bekommen. Luciano Pigozzi, einst der italienische Peter Lorre, ist ebenfalls kurz zu sehen und wirkt hier mehr wie der italienische Orson Welles. Auch John Waynes Sohn Ethan hat eine kleine Rolle und sorgt für einen der bleibensten Momente des Filmes. Einmal schaut sogar Enzo G. Castellari vorbei, um den ehemaligen Vorgesetzten des Wildgänse-Teams zu spielen. Schade, dass er den Film nicht auch inszeniert hat.

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Nach einem langsamen, aber soliden Start, der sich darauf konzentriert zu zeigen, wie unerwünscht sich die Vietnam-Veteranen in ihrer Heimat fühlen, freut man sich darauf, dass die Action im Dschungel von Vietnam (bzw. den Philippinnen, die wie so oft das ehemalige Kriegsgebiet doubeln müssen) beginnt. Doch gerade hier gerät der Film zu einer zähen Angelegenheit. Regisseur De Angelis verfügt leider über kein besonders gutes Gespür für Timing. Einige Szenen werden endlos ausgewalzt, während andere viel zu schnell vorbei sind. So ist z.B. die Befreiung der amerikanischen Kriegsgefangenen kurz und unspektakulär, ihre Flucht dann aber wiederum viel zu lang und lahm. Auch hilft es nicht, wenn sich die Szenen immer wieder gleichen. Ständig werden die Helden mit Sperren des Vietcongs konfrontiert, die sie dann irgendwie in die Luft sprengen. Interessante Ansätze, wie der Schockeffekt einer schönen Vietnamesin, deren Körper über und über vernarbt ist, werden kurz abgehandelt, obwohl hier durchaus Potential für eine Charakterentwicklung der Hauptfiguren bestanden hätte. Aber daran ist De Angelis nicht interessiert, und so bleiben die Protagonisten den ganzen Film über klischeehafte Abziehbilder. Erschwerend hinzu kommt noch eine wirklich übel-rassistische Synchronisation. In dieser werden alle Asiaten als „Schlitzies“ und „Gelbärsche“ bezeichnet und nahe legt, dass ausnahmslos jeder Vietnamese ein blutrünstiges Monster sei, welches nur darauf lauert, den guten Amerikanern die Kehle durchzubeißen. Doch gerade dann, wenn man den Film unter „belanglos“ abgehakt hat, gelingt es De Angelis doch noch zu überraschen. Dem Publikum wird ein überaus deprimierendes und nihilistisches Finale präsentiert, welches noch über den Abspann hinaus nachwirkt.

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Italienisch-schweizerischer Söldnerfilm, der sich weniger an „Die Wildgänse kommen“, als vielmehr „Rambo 2“, „Missing in Action“ und sogar dem „A-Team“ orientiert. Leider zum Teil etwas zäh und uninteressant inszeniert, so dass sich, trotz gerne gesehener Gesichter, das Interesse in Grenzen hält. Zudem stößt die üble Art und Weise auf, in der alle Vietnamesen als unmenschliche Monster dargestellt und generell alle Asiaten rassistisch beschimpft werden. Erst ganz zum Schluss holt Regisseur Fabrizio de Angelis einen mächtigen und unerwarteten Magenschwinger hervor, der dem Film in den letzten Minuten dann noch zu einem nachhaltigen Eindruck verhilft.

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Der legendäre Produzent Erwin C. Dietrich gründete einst das Label Ascot Elite. Nachdem hier jahrelang vor allem aktuelle und anspruchsvolle Produktionen veröffentlicht wurden, erinnert man sich nun den Schätzen aus dem Archiv und veröffentlicht diese in ihrer „Cinema Treasures“-Reihe. So wird neben „Die Rückkehr der Wildgänse“, auch bald Margheritis „Im Wendekreis des Söldners“ erscheinen. Das Bild der DVD ist recht ordentlich, bedenkt man, dass es sich hier um eine eher preiswertere 80er-Jahre-Italo-Produktion handelt. Der Ton liegt in auf Deutsch und Englisch vor. Extras gibt es keine, aber eine ausführliche Trailer-Show mit zeitgenössischen Vorschauen auf u.a. alle vier Söldnerfilme des Hauses Dietrich.

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