Bericht von der Verleihung des 15. Bremer Filmpreises an Belá Tarr

Eines vorweg, was nichts mit Film oder dem Preisträger des 15. Bremer Filmpreises, Belá Tarr, aber doch etwas mit der Veranstaltung zu tun hat. Jedes Jahr gelingt es den Veranstaltern, großartige Musiker zu engagieren, die für die Eröffnung und die Musik während der Überleitungen von einem Redner zum nächsten zuständig sind. Und jedes Jahr – bis auf den Teufelsgeiger, der bei Alberto Iglesias aufspielte und auch ein persönlicher Freund des großen Komponisten ist – werden diese Musiker nicht erwähnt und stehen etwas verloren im Hintergrund. Okay, bei der Verleihung des Bremer Filmpreises geht es um Film und den Preisträger und nicht um die engagierten Hintergrundmusiker, aber ich finde das trotzdem nicht in Ordnung. Immerhin wurde das Bremer Musikquartett ganz am Schluss dann doch namentlich erwähnt, als Sparkasse-Bremen-Chef Tim Nesemann scheinbar als Einzigem aufgefallen ist, dass dies zuvor nicht geschehen war. Aber das ging etwas im Trubel unter. Darum sei hier noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Quartett um die Bremer Band „Café Brunette“ handelte, und ich möchte an dieser Stelle festhalten, dass ich den Vortrag ganz große Klasse fand (ich glaube, das zweite Stück war das Titelthema aus „Lawrence von Arabien“ mit E-Gitarre, Bass, Violine und Akkordeon, aber 100% sicher bin ich mir nicht).

Dies hierzu, zurück zum Film.

Nach den stundenlangen, ausgesprochen repetiven Reden der Vorjahre, kam mir das Programm diesmal angenehm gestrafft vor. Nach einleitenden Worten durch Karl-Heinz Schmid vom Kommunalkino City 46, der seine große Verehrung für den Preisträger Belá Tarr zum Ausdruck brachte, übernahm Staatsrätin Carmen Emigholz – stellvertretend für ihren Chef, unseren Bürgermeister und Kultursenator Jens Böhrnsen, der auch dieses Jahr wieder einmal durch Abwesenheit glänzte. In ihrer Rede ging sie auch mit warmen Worten auf das Kommunalkino City 46 ein und dankte den Mitarbeitern für ihre unermüdliche und – wie man an den Besucherzahlen sieht – auch sehr erfolgreiche Arbeit. Auf den Preisträger wurde natürlich auch eingegangen.

Staatsrätin Carmen Emigholz

Staatsrätin Carmen Emigholz

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Karl-Heinz Schmid,
Kommunalkino City 46

Die Laudatio auf ihn hielt der Filmhistoriker Ulrich Gregor, der Belá Tarr Ende der 80er Jahre für ein größeres Publikum entdeckte und im Westen bekannt machte. Zudem ist Gregor Gründer der Freunde der Deutschen Kinemathek und des berühmten „Arsenal“-Kinos in Berlin, sowie 1980-2000 Leiter des Internationalen Forums des jungen Films auf der Berlinale, wo auch erstmals im Westen die Filme Belá Tarrs für Aufsehen sorgten. Sein Vortrag war sehr interessant, überhaupt nicht anbiedernd (wie das bei einer Laudatio ja manchmal der Fall ist), sondern informativ und sachlich. Und – auch nicht ganz unwichtig – nicht zu lang.

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Laudator Ulrich Gregor

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Ulrich Gregor, Filmhistoriker

Statt mehreren Filmausschnitten wurde diesmal „nur“ ein 10-minütiger Ausschnitt aus dem 7,5-stündigen „Satantango“ gezeigt. Meiner Meinung nach auch die einzige Möglichkeit, Belá Tarr und seinen einzigartigen Filmstil vorzustellen. Ich habe auch gleich wieder Lust bekommen, mir einen Tarr-Film anzusehen. Die Ehre, den Preis an Belá Tarr zu übergeben, hatte wie in den Vorjahren Tim Nesemann, dessen kurze Rede wieder sympathisch und unterhaltsam war. Allein seine kurze Bemerkung, dass natürlich nicht sichergestellt werden kann, dass die Sparkasse auch weitere 15 Jahre den Bremer Filmpreis sponsern wird, ließ kurz die Stimmung etwas sinken.

Auftritt Belá Tarr. Der ging erst einmal – was ich noch bei keinem Preisträger erlebt habe – auf die Künstlerin zu, die den Bremer Filmpreis in diesem Jahr speziell für Belá Tarr gestaltet hat, und umarmte sie. Eine schöne Geste. Seine Dankesrede war eine nette Anekdote über die Schwierig- und Widrigkeiten bei einem Filmdreh. Schön war zu sehen, dass Belá Tarr sichtlich berührt war. Insgesamt wirkte Tarr sehr bescheiden, und ich finde es sehr schade, dass er beschlossen hat, keine weiteren Filme mehr zu drehen.

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Belá Tarr und die Künstlerin

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Tim Nesemann und Belá Tarr

Danach ging’s ans Buffet. Und auch hier wiederhole ich mich gerne: Ich fände es sinnvoller, wenn das Geld für Catering und Bedienung ans Kino fließen würde, aber das gehört wohl dazu. Ebenso, wie die vielen Leute und vor allem aufgedonnerten Damen, die sicherlich seit Jahren keinen Kinosaal mehr von innen gesehen haben und keine Ahnung haben, wer Belá Tarr eigentlich ist. Na ja..

Zwei Dinge hatte ich mir vorgenommen: Ein Autogramm von meinem Helden zu bekommen, und ein Foto mit ihm zu machen. Ganz Fanboy-mäßig. Geklappt hat es mit dem Autogramm, aber nur weil mein Kumpel Wolfgang das mal eben in die Hand genommen hat (Danke, Wolfgang!). Dabei hatte ich dann auch meinen „Stardust-Memories-Moment“, von mir so benannt nach dem Film, in dem Woody Allen einen Regisseur spielt, der ständig von seinen Fans belästigt wird, die ihm sagen, wie sehr sie seine Filme mögen. Statt also die Gelegenheit beim Schopfe zu packen, ein paar Worte mit einem von mir verehrten Künstler zu wechseln, habe ich nur ein „I just love your movies“ rausgekriegt. Wie peinlich. Belá Tarr ging dann auch gleich weg, um sich etwas zu essen holen. Er versprach zwar „I’m back in a moment“, aber daraus wurde natürlich nichts, ebenso aus dem Foto. Aber mir war es jetzt auch unangenehm, mit der Kamera in der Hand hinterher zu hecheln, wie ein Backfisch, und den Meister zu nerven. Nun gut, dafür habe ich einige schöne Gespräche mit anderen Gästen geführt. Das war auch sehr nett. Aber „I just love your movies“… Du meine Güte!!!

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Tim Nesemann & Belá Tarr

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Preisträger Belá Tarr

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Eine Antwort zu Bericht von der Verleihung des 15. Bremer Filmpreises an Belá Tarr

  1. thomas sagt:

    Vielen Dank Herr Koch für die Blumen, die wir gerne annehmen. Sehr selten bekommen wir bei so einer Veranstaltung öffentliches Lob. Allerdings haben im Kontakt mit den Kulturschaffenden nach dem Festakt viel Lob bekommen und hatten das Gefühl am richtigen Ort zu sein.
    Herzlichst
    Thomas Krizsan (Akkordeon)

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