Die beiden Tatortreiniger Elvis und Leo werden zu einer einsamen Hütte an einem abgelegenen Waldsee gerufen, in der ein alter Mann gestorben ist. Zufällig entdecken sie im Keller der Hütte einen laborähnlichen Raum und darin eine junge Frau. Diese scheint die Fähigkeit zu sprechen verlernt zu haben und weist ein animalisches Verhalten auf. Während Elvis und Leo auf Hilfe aus der Stadt warten, kommen sie Stück für Stück hinter die Geschichte der jungen Frau.
Skandinavische Filme haben bei mir seit jeher einen Stein im Brett. Von daher war ich sehr auf den norwegischen „Thale“ gespannt, den wir auch gerne für unser Phantastival Bremen im November gehabt hätten. Leider haben wir ihn nicht bekommen, was sehr schade ist, denn er hätte wirklich gut in unser Programm gepasst. „Thale“ ist ein Low-Budget-Streifen, was man schon daran erkennt, dass der Name des Regisseurs, Aleksander Nordaas, im Abspann gleich zig Mal auch bei anderen Positionen auftaucht. Es ist dem Film aber auch so anzusehen, dass wenig Geld zur Verfügung stand, wenn auch das Beste daraus gemacht wird.
Manchmal leidet „Thale“ allerdings etwas darunter, dass sein junger Regisseur zu viel auf einmal wollte. Einige Plotwendungen am Ende wären nicht unbedingt nötig gewesen, denn das Kammerspiel, welches sich in den ersten zwei Dritteln zwischen den beiden Tatortreinigern und dem geheimnisvollen Mädchen entspinnt, hätte völlig ausgereicht. So wird aber noch das Feld der Verschwörungstheorien beackert, was eigentlich überflüssig ist. Dass die ersten beiden Drittel so gelungen sind, liegt vor allem an den starken männlichen Protagonisten. Während Elvis als kleines Sensibelchen der nominelle Held der Geschichte ist, wird ihm dieser Rang doch sehr bald durch den lakonischen und äußerst praktisch veranlagten Leo abgelaufen. Der von Jon Sigve Skard gespielte Leo ist dann auch der eigentliche Star des Filmes. Mit seiner trockenen Art lässt er sich nie aus der Ruhe bringen, pragmatisch erledigt er die Dinge, die zu tun sind und macht dabei nicht viele Worte. Dadurch wirkt er weitaus interessanter als der sensible Elvis. Wobei Erlend Nervold seine Sache auch nicht schlecht macht. Ganz im Gegenteil. Man wünscht sich förmlich, dass dieses Duo nicht auseinander gerissen wird, und es wäre schön, würde man diesen beiden Tatortreinigern in Zukunft in einer ganz anderen Geschichte wieder begegnen. Silje Reinåmo in der Titelrolle hat es da schwer, sich durchzusetzen. Zwar besitzt sie als wildes Mädchen eine gewisse animalische Ausstrahlung, legt ihre Rolle aber ab und zu doch zu nahe am Klischee an. Trotzdem weiß diese interessant anzusehende Schönheit allein durch ihre physische Präsenz zu gefallen. Auf alle weiteren Charaktere könnte man leicht verzichten.
Aleksander Nordaas lässt sich Zeit. Langsam baut er seine Geschichte und deren Charaktere auf. Nichts wirkt hier gehetzt, und gerade durch das eigentlich Unspektakuläre bezieht der Film seine Glaubwürdigkeit. Die Spannung entsteht nicht durch Effekte oder spektakuläre Horroreinlagen, sondern daraus, wie die Figuren mit der Situation umgehen und welches Geheimnis hinter dem Mädchen Thale steckt. Bis alle drei Charaktere schließlich tatsächlich in Gefahr geraten und der Film plötzlich erst in eine Belagerungs- und dann blitzschnell in eine Verschwörungsgeschichte umkippt, vergeht zunächst viel Zeit. Und gerade das arg gehetzte Finale mag gar nicht so recht zu der Geschichte passen, obwohl es sich durchaus aus der Story entwickelt. Am Ende bleibt der Zuschauer dann ebenso verdutzt zurück, wie die beiden Protagonisten, die das gerade Erlebte auch noch nicht so recht einordnen können.
Die mythischen Hundra (Definition) spielen hier nur eine untergeordnete Rolle. Obwohl die Hundra-Abstammung der Heldin (diesen Punkt kann man ruhig verraten, da das DVD-Cover dies auch schon tut) zwar wichtig für die Handlung ist, geht Aleksander Nordaas hier nicht ins Detail – wodurch er allerdings auch einige Widersprüche in der inneren Logik seiner Geschichte produziert. Überhaupt hält sich der Regisseur nicht mit Unwesentlichem auf. Statt den Film zu strecken, lässt er ihn dankenswerterweise nach 75 Minuten enden. Mehr hätte das Drehbuch nämlich auch nicht hergegeben und der Versuch weitere Minuten zu schinden, wäre unweigerlich nach hinten losgegangen.
Die Low-Budget-Herkunft offenbart sich insbesondere bei den Effekten, die leider recht unprofessionell daherkommen. Die deutlich aus dem Computer stammenden Hundra mit ihren seltsamen, an ein PC-Spiel erinnernden, Bewegungen, sind da noch das geringste Übel. Irritierender wirken da einige dahingerotzte CGI-Pyro-Effekte am Ende. Diese Schwachpunkte werden allerdings durch eine gute Kameraarbeit unter Einbeziehung der norwegischen Wälder wieder ausgeglichen.
Der leichtfüßige norwegische Fantasy-Horror-Mystery-Film „Thale“ besticht vor allem durch seine sympathischen Hauptcharaktere, wodurch man einige Schwäche im letzten Drittel gerne verzeiht. Die mysteriöse Geschichte um das seltsame Mädchen Thale ist dabei auch interessant genug, um den Zuschauer über kurzweilige 75 Minuten bei der Stange zu halten.
Die Splendid-DVD punktet mal wieder im Bereich Bild und Ton. Leider wurden aber – bis auf den Trailer – auf jegliche Extras verzichtet. Man sollte sich den Film unbedingt mit der norwegischen Tonspur ansehen, da die deutsche Synchronisation nur sehr mittelmäßig ist und darunter insbesondere die Figur des Leo leidet, die im Deutschen weit weniger lässig rüberkommt, als im Original.