DVD-Rezension: „When the Lights Went Out“

1974, Yorkshire, England: Die Maynards sind eine junge Familie, die hier endlich ihr Traumhaus gefunden hat. Doch die Freude währt nicht lange. Schon bald müssen sie feststellen, dass in dem Haus scheinbar ein Poltergeist spukt, der es insbesondere auf ihre 13-jährige Tochter Sally (Tasha Connor) abgesehen hat…

Vielleicht inspiriert vom großen Erfolg der japanischen J-Horror-Filme, sind Geistergeschichten seit einiger Zeit wieder en vogue. Hier kommt mit „When the Lights Went Out“ nun ein britischer Vertreter dieses Untergenres, der es mit einer Mischung aus „Amityville Horror“ und „Der Exorzist“ versucht. Von „Amityville Horror“ stammt u.a. die Behauptung, dass es sich bei dem Gezeigten um eine wahre Begebenheit handeln würde. Das ist auch nicht so falsch, denn der Film beruht auf einer Poltergeist-Erscheinung, die in den 60er Jahren in Yorkshire als „Black Monk of Pontefract“ einige Berühmtheit erlangte. Regisseur Pat Holden betont in Interviews auch immer wieder, dass er familiäre Verbindungen zu der damals betroffenen Familie Pritchard unterhalten würde.

Für den Film ist das Geschehen allerdings ins Jahr 1974 verlegt (warum eigentlich?) und der Name der Familie von Pritchard in Maynard geändert worden. Obwohl die zeitliche Verortung in den 70ern Jahren somit recht willkürlich ist, gelingt es Pat Holden jedoch perfekt, diese Dekade auf authentische und liebevoll Art und Weise zu rekonstruieren. Auch das Lokalkolorit wird ausgezeichnet getroffen. Die Darsteller scheinen tatsächlich aus der Zeit gefallen und erfüllen gleichzeitig auch genau das Bild, welches man sich von den knorrigen Leuten aus der britischen Provinz macht. Hier muss man Set-Designern, Kostümbildnern und Friseuren ein ganz großes Kompliment aussprechen. Ebenfalls toll besetzt ist die junge Tasha Connor in der Hauptrolle der Sally. Wahrlich keine Schönheit, spielt sie das normale Mädchen von nebenan, welches mitten in der Pubertät mit sich, ihrer Familie und der Welt im Allgemeinen hadert, natürlich und überzeugend.

Das Problem an „When the Lights Went Out“ ist das Drehbuch, welches unentschlossen hin und her schlingert und es nicht schafft, eine überzeugende Geschichte zu erzählen. Zwar ist die erste Hälfte noch spannend erzählt und hält ein- zwei fiese Schockeffekte parat, aber schon hier macht sich der größte logische Fehler des Filmes schmerzhaft bemerkbar. Nachdem die ganze Familie einige heftige Spukattacken über sich hat ergehen lassen müssen, sind alle fest davon überzeugt, dass ein böser Geist im Haus umher geht. Doch die Familie zieht nicht aus und ist merkwürdigerweise in der Folge immer wieder überrascht, wenn der Geist das nächste Mal zuschlägt. Wenn ich morgens neben dem blutenden Geist eines toten Mädchens aufwachen würde, würde ich keinen Fuß mehr in meine Wohnung setzen. Hier will die Mutter aber unbedingt in ihrem Traumhaus (welches nun wirklich kein Palast ist) bleiben und ihr Ehemann akzeptiert dies zähneknirschend, statt seine Siebensachen zu packen und sich zusammen mit seiner Tochter in Sicherheit zu bringen. Das ist reichlich an den Haaren herbeigezogen. Natürlich –  ohne diesen Kniff wäre der Film nach 30 Minuten zu Ende, aber wenn sich ein Film darauf beruft, eine „wahre“ Geschichte zu erzählen, dann hätte man dieses unnormale Verhalten doch zumindest irgendwie erklären sollen. Dass die junge Sally auch noch ständig von ihren Eltern geohrfeigt und aufs Übelste beschimpft wird – weil sie angeblich alles nur inszenieren würde, obwohl allen in der Familie schon lange klar ist, dass hier eine Poltergeist-Manifestierung vorliegt – stößt ebenfalls übel auf.

Schade auch, dass viele interessante Ansätze nicht weiter verfolgt werden. So wird die Hintergrundgeschichte des Geistes erst großartig vorbereitet und dann lieblos dahingeworfen. Sallys beste Freundin ist ein merkwürdiges Mädchen, deren Mutter Sally das Versprechen abringt, sie nie in das Geisterhaus zu lassen. Die ganze Zeit über wird dabei unterschwellig angedeutet, es könnte eine böse Verbindung zwischen dem Mädchen und dem Spuk geben. Als es dann zur – lahmen – Konfrontation kommt, bekommt das Mädchen nur einen Schreck und verschwindet aus der Handlung. Hierzu gäbe es noch weitere Beispiele, wo interessante Geschichten und Aspekte aufgebaut werden, aber diese Fäden dann ins Leere laufen. Dass die Familie Maynard Fremde gegen Eintrittsgeld durch ihr Geisterhaus führt, gehört auch dazu.

Bis auf die oben erwähnten Schockeffekte in der ersten Hälfte, ist „When the Lights Went Out“ auch nicht besonders gruselig. Zu zerfasert sind die Handlungsstränge, zu sprunghaft der Erzählstil. Am Ende taucht dann noch ein waschechter Exorzist auf, aber seine Szene wirkt wie eine Parodie auf William Friedkins Klassiker und entbehrt jeglicher Ernsthaftigkeit. Von der finalen Wendung, inklusive billiger CGI, mal ganz abgesehen. Stark ist der Film immer nur, wenn er das England der 70er Jahre abbildet und seinen urbritischen Charakteren etwas Raum zur Entfaltung gibt. Leider tut er dies aber zu wenig.

„When the Lights Went Out“ kann mit einer akribischen Rekonstruktion der britischen Provinz in den 70er Jahren und einer interessanten Hauptdarstellerin punkten. Als Horrorfilm ist er aber einfach zu wenig gruselig und zerfasert in zu viele Handlungsstränge, die zusammen kein einheitliches Bild ergeben und das Vergnügen zum Teil durch ihre krasse Unlogik stören.

Die DVD von Ascot zeichnet sich durch ein sehr gutes Bild aus. Auch der Ton ist dynamisch und unterstreicht die Poltergeist-Aktivitäten. Als Extras gibt es 6 unkommentierte Minuten von den Dreharbeiten in der Klosterruine und weitere 3 Minuten mit Dreharbeiten im Pfarrhaus, wobei auch die  beteiligten Schauspieler einige kurze Statements abgeben. Ansonsten gibt es außer Trailern hier nichts zu gucken.

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2 Antworten zu DVD-Rezension: „When the Lights Went Out“

  1. Anke sagt:

    Also eine Verbindung zwischen Sallys Freundin und dem Geist hab ich da nie gesehen, sondern nur die Sorge einer Mutter, dass ihre psychisch labile Tochter wieder in alte Muster (einnässen) fällt.
    Es war auch nicht die Familie Maynard, die Besucher durchs Haus führte, sondern lediglich der Vater, der dafür von seiner Frau eine Mordsstandpauke erhielt.
    Was mich jedoch störte war, dass es keinerlei Erklärung dafür gab, wieso die beiden Geister sich ausgerechnet in diesem Zweifamilienhaus herumtrieben. Der Mönch wurde offenbar in dem Kloster gehängt, hat also keine Verbindung zu dem Haus, und der Überfall auf das spätere Geistermädchen erfolgte auch nicht genau an dieser Stelle, an der nun das Haus steht. Auch die andere Seite des Zweifamilienhauses wurde offenbar nicht behelligt. Für all das hätte ich schon eine Erklärung erwartet.

    Was mir allerdings auch gehörig gegen den Strich ging war, dass die Eltern Sally bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine gescheuert haben. Irgendwie war sie grundsätzlich für alles verantwortlich und an allem Schuld und glauben tat man ihr schon mal erst recht nie, egal worum es ging. Wer solche Eltern hat braucht keine Feinde mehr.

  2. Marco Koch sagt:

    Hallo Anke! Danke für Deinen Kommentar. Den Film habe ich vor zwei Jahren gesehen und kaum noch eine Erinnerung dran. Wo jetzt meine Kritik durchgelesen habe, kommen aber Bruchstücke wieder hoch. Ja, es wurde nicht explizit eine Verbindung zwischen der Freundin und dem Geist hergestellt, aber das Verhalten der Mutter deutete meiner Meinung nach schon eine dunkles Geheimnis in der Vergangenheit an, bei dem beide eine Rolle spielten. Kann man aber sicherlich auch anders interpretieren. Mit dem Vater hast du, soweit ich mich erinnere, völlig recht und mit der Einschätzung der Eltern sowieso.

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