Nachruf: Ernest Borgnine (1917-2012)

Wer Ernest Borgnine irgendwann einmal in einem Film gesehen hat (und bei weit über 200 Filmen und TV-Serien sollte das eigentlich jeder sein), wird den grobschlächtigen Kerl mit dem fleischigen, breiten Gesicht, den buschigen Augenbrauen und dem Grinsen von einem Ohr zum anderen, welches in der Mitte von einer dekorativen Zahnlücke gekrönt wurde, nie vergessen. Egal, ob er auf der einen oder der anderen Seite des Gesetzes stand, der gutmütige Kumpel war oder der verabscheuungswürdige Fiesling: Borgnine hatte eine enorme Präsenz, die den nominellen Helden oftmals verblassen ließ. Menschen meiner Generation z.B. werden sich beim Stichwort „Airwolf“ neben Borgnine vielleicht noch an den titelgebenden Hubschrauber erinnern. Der Held der Serie, Jan-Michael Vincent, wird den meisten nicht mehr besonders präsent sein.

Gleich seine erste Rolle war die eines Schurken. Er spielte einen chinesischen Bandenführer in dem heute unbekannten Abenteuerfilm „China Corsair“ von 1951. Zwei Jahre später hatte er seinen großen Durchbruch, als er, in der grandiosen Bestseller-Verfilmung „Verdammt in alle Ewigkeit„, den sadistischen Sgt. „Fatso“ Judson spielte. Trotz absoluter Starbesetzung (Montgomery Clift, Burt Lancaster, Deborah Kerr), war es Borgnines Charakter, der am Meisten Aufsehen erregte. Wie er den armen Frank Sinatra piesackt, ist ebenso unvergesslich, wie Lancaster und Kerrs oft zitierter Kuss in der Brandung.

Auch in seinen nächsten Rollen spielte er den Part der Bösen. U.a. war er in den Edel-Western „Johnny Guitar“ und „Vera Cruz“ zu sehen. 1955 dann der nächste große Triumph. Schon als Schurke festgelegt, brach er aus diesem Rollen-Korsett aus und spielte das sensiblen Muttersöhnchen „Marty„, einen 34-jährigen Metzger, der noch bei seiner Mutter lebt und um die Liebe seines Lebens kämpft. Belohnt wurde seine Leistung mit einem Oscar. Nach weiteren, heute eher unbekannten Filmen, machte er einen erste Abstecher nach Italien, wo er u.a. in der „Bandit von Neapel“ neben Vittorio Gassman spielte. 1969 folgte dann ein Film wie ein Donnerschlag: „The Wild Bunch„. Ernest Borgnine marschiert neben Wilhelm Holden und Warren Oates aufrecht in den Tod. Ein großartiger Film und einer der besten Western aller Zeiten.

In den 70ern war Borgnine gut beschäftigt. „Willard„, „Poseidon Inferno„, der bei Genre-Fans beliebte „The Devil’s Rain“ oder wieder bei Sam Peckinpah in „Convoy„, um nur einige zu nennen. In den 80ern ging es weiter mit der Terence-Hill-Klamotte „Der Supercop“ und John Carpenters Kult-Klassiker „Die Klapperschlange„. Mit seiner Rolle als väterlicher Freund des Helden in der TV-Serie „Airwolf“ (1984-1986) landete er zu Beginn des Privatfernseh-Booms mitten in den deutschen Kinderzimmern. Ab Ende der 80er filmte er auch in Deutschland. 1989 war er zusammen mit Christopher Mitchum und John „Higgins“ Hillerman in „Gummibärchen küsst man nicht“ zu sehen und 1993/95 in den beiden von Uschi Glas geschriebenen „Tierärztin Christine„-TV-Filmen von Otto Retzer. Mit diesem arbeitete er auch 1993 in der Abenteuergeschichte „Der blaue Diamant“ mit Pierre Brice in der Hauptrolle zusammen.

Bis ins hohe Alter drehte Ernest Borgnine Filme wie am Fließband und synchronisierte nebenbei noch den „Meerjungfraumann“ in „SpongeBob Schwammkopf„. Allein 2011, im Alter von 94 Jahren, war er noch in vier Filmen zu sehen. Sein letzter Auftritt wird nun die Hauptrolle in der gerade abgedrehten Western-Komödie „The Man Who Shook the Hand of Vicente Fernandez“ sein.

Ernest Borgnine, einer der großen Charakterköpfe des Kinos, ist gestern nach einem langen und erfüllten Leben mit 95 Jahren gestorben. Aber in seinen Filmen wird er unsterblich bleiben.

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